Verkehr umweltfreundlich gestalten - ökologische Mobilität ermöglichen

Beschluss des LandessprecherInnenrates von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 10. Mai 2003

Der neue Bundesverkehrswegeplan (BVWP)

Der neue Bundesverkehrswegeplan (BVWP) wird weitreichenden Einfluss auf die Verkehrsentwicklung im Land Brandenburg haben. Nachdem die Bundesländer ihre Wünsche benannt haben, erfolgte durch den Bundesverkehrsminister Stolpe die Präsentation eines ersten Entwurfes. Dieser befindet sich zur Zeit in der Überarbeitung. Er wird in den kommenden Wochen vom Bundeskabinett beschlossen werden und anschließend an den Bundestag zur weiteren Beratung überstellt. 2004 wird der Bundestag dann den endgültigen Bundesverkehrswegeplan beschließen.

Wir begrüßen die erreichten Fortschritte der rot-grünen Bundesregierung für eine ökologischere Verkehrsplanung. Durch das neue Verfahren der Umweltrisikoeinschätzung wurden ökologisch problematische Einzelprojekte ausgemustert oder sie müssen umgeplant und durch umweltverträglichere Varianten ersetzt werden. Bundesweit wird mit dem BVWP die Schiene gestärkt. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis, ein wichtiges Kriterium für die Realisierungswürdigkeit von Projekten, wird strenger gehandhabt als bisher. Damit herrscht gegenüber früher mehr Haushaltsehrlichkeit. Gebaut wird nur, was bezahlt werden kann.

Der Brandenburger Verkehrsminister Meyer hat für den Bundesverkehrswegeplan über 160 Straßenbauprojekte angemeldet. Obwohl in einigen Teilen Brandenburgs aus bündnisgrüner Sicht durchaus Bedarf an einer verbesserten Infrastruktur besteht und die eine oder andere Ortsumgehung tatsächlich begrüßenswert ist, sind die Planungen des Landes insgesamt überdimensioniert. Einige Projekte schaden Mensch und Natur, während ihr Nutzen mehr als fragwürdig ist.

Die Landesregierung hat es gleichermaßen versäumt sich in Hinblick auf die EU-Osterweiterung für dringend benötigte Bahnanbindungen einzusetzen. Während Betonminister Meyer für jeden Meter Straße kämpft, hat die Schiene keine Priorität für die Landesregierung.

Aus bündnisgrüner Sicht ist dabei erfreulich, dass es gelungen ist, eine Reihe ökologisch besonders umstrittener Straßenprojekte auszusortieren oder in den weiteren Bedarf (ohne Realisierungschance) abzustufen, so zum Beispiel die A16 zwischen Leipzig und der A13 (im OSL Kreis), die Grenzübergänge bei Hohenwutzen (B158/B167) und in der Ziltendorfer Niederung (B246/B112). Durch die veränderten Kriterien für die Zulässigkeit von Straßenprojekten hat überhaupt nur noch die Hälfte der ursprünglich vom Land angemeldeten Projekten eine tatsächliche Realisierungschance.

Wir befürworten, dass die Ausbauplanungen des Landes für die Spree-Oder-Wasserstraße gestoppt wurden. Für einen weiteren Ausbau besteht kein Transportbedarf.

Wir begrüßen den Ausbau der Eisenbahnstrecke Berlin-Prag zwischen Berlin und Dresden auf 200 km/h und die Aufnahme der internationalen Strecke Berlin-Stettin in die Liste der internationalen Vorhaben. Land und Bund müssen schnellstmöglich Verhandlungen mit Polen aufnehmen, damit der Ausbau zügig Realität wird. Wir fordern den Bund auf die veranschlagten Haushaltsmittel für die Internationalen Schienenprojekte zu erhöhen.

Aus Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Brandenburg liefert der Ende März von Bundesverkehrsminister Stolpe vorgestellte Entwurf eine zufriedenstellende Grundlage für die weiteren Beratungen. Trotz aller Fortschritte, die gegenüber den ursprünglichen Anmeldungen des Landes erreicht werden konnten, fordern wir jedoch eine Reihe von weiteren Verbesserungen.

Die Schiene stärken

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN  fordern die Aufnahme folgender Projekte in den vordringlichen Bedarf

  1. Ausbau der Strecke Berlin-Cottbus-Görlitz auf 160 km/h, zweigleisiger Ausbau Lübbenau Cottbus, Elektrifizierung Cottbus-Görlitz
  2. Ausbau der Ostbahn (Berlin-Lichtenberg-Kietz/Küstrin) auf 160 km/h

Der zügige Ausbau dieser beiden Schienenprojekte ist im Hinblick auf die anstehende EU-Osterweiterung von großer Bedeutung.

Straßenbau ökologisch und ökonomisch sinnvoll gestalten

  1. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteilen den Bestrebungen der Landesregierungen in Brandenburg und Sachsen, die Autobahn Leipzig-Spreewald (A16) doch noch zu bauen, eine klare Absage. Stattdessen begrüßen wir den geplanten zügigen Ausbau der Bundesstraßen zwischen Leipzig und Lübben (B87) und zwischen Cottbus und der Landesgrenze Sachsen (B169). Davon haben die Menschen in der Lausitz schneller etwas, als von einem langwierigen Neubau der A16, der weder ökologisch noch ökonomisch zu rechtfertigen ist.
  2. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN  begrüßen, dass der Neubau der Autobahn Magdeburg- Schwerin (A14) nur erfolgen kann, wenn die bisherigen ökologischen Bedenken ausgeräumt werden können. Statt der A14 schlagen wir vor, den Menschen eine verbesserte Mobilität zu ermöglichen, indem die Bundesstraße nördlich von Magdeburg (B189) ausgebaut wird.
  3. Folgende neuen Straßenprojekte lehnen wir ab, da der prognostizierte Nutzen nicht die Zerstörung von unberührter Natur rechtfertigt: Neubau des Grenzüberganges bei Schwedt (B166), den Bau der B102n (Premnitz - Brandenburg) und die Ortsumgehungen Potsdam und Fürstenberg. Im Bereich der laufenden Straßenbauvorhaben, fordern wir die Landesregierung Brandenburg auf, den Bau der Ortsumgehung Michendorf in der geplanten Variante zu unterlassen und ein neues Planungsverfahren zu eröffnen.

Flussausbau überprüfen

  1. Die anstehende Novellierung des Bundesverkehrswegeplans eröffnet gleichzeitig die Chance, Entscheidungen zum Flussausbau von Anfang der 90er Jahre zu evaluieren und gegebenenfalls zu modifizieren. Anfang der 90er glaubte die Regierung Kohl, der Aufbau Ost müsse ein Nachbau West sein. Statt die naturnahen Flüsse in Ostdeutschland als Grundlage für eine nachhaltige Regionalentwicklung zu begreifen, wurde ein Ausbau nach dem Vorbild des Rheines projektiert. Statt blühender Flusslandschaften wurden begradigte und naturzerstörende Wasserautobahnen geplant.
  2. Den Ausbau der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße (HoFriWa) auf 55 m (von jetzt 26 m) und 4,50 Tiefe (jetzt 2,20), um Küstenmotorschiffe von Stettin bis nach Schwedt zu lenken, lehnen wir ab. Die Kosten eines solchen Ausbaus stehen in keinem Verhältnis zum möglichen Nutzen. Zu beachten ist auch die polnische Position, die ebenfalls einen Ausbau ablehnt. Ohne eine polnische Kooperation kann kein Küstenmotorschiff durch die HoFriWa fahren, egal wie tief der Kanal auf deutscher Seite ausgebaggert wird. Solange die polnische Seite nicht die Brücken in Stettin für Küstenmotorschiffe anpasst oder die Klützer Querfahrt ausbaggert, wird kein Schiff kommen. Wir fordern die Bundesregierung auf, ein naturverträgliches grenzüberschreitendes Gesamtkonzept für die Oderschifffahrt gemeinsam mit der polnischen Seite zu erarbeiten und auf den Ausbau der HoFriWa zu verzichten.
  3. Auf Grund der aktuellen Prognosedaten ist das VDE 17 zu evaluieren und der Ausbau der Havel zu modifizieren. Bündnis 90/Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, den Ausbau der Mittleren Havel auf ein ökonomisch und ökologisch sinnvolles Maß zu reduzieren. Voraussichtlich ab Herbst 2003 kann Berlin über die Mittlere Havel und die Nordanbindung mit Standard-Güterschiffen erreicht werden. Dies ist ausreichend!
    Ein Ausbau der Südanbindung über den Teltower Kanal  ist unnötig. Deshalb kann auf den Ausbau der Kleinmachnower Schleuse auf 190 m verzichtet werden.

Für grenzüberschreitende Projekte im Bereich Straße und Wasserstraße sollte der gleiche Vorbehalt, wie für die internationalen Schienenprojekte gelten. Das heißt, dass sie nur dann in den vordringlichen Bedarf kommen, wenn sie mit dem betreffenden Nachbarland abgestimmt sind.

 

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