Erhalt einer modernen Brandenburger Naturschutzgesetzgebung

Mit der Neuauflage des Bundesnaturschutzgesetzes haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Versprechen der Legislaturperiode 1998-2002 erfüllt. Woran zwei Jahrzehnte lang konservative Umweltminister gescheitert sind, haben wir umgesetzt. Die Herausforderung an den modernen Naturschutz heißt: den Erhalt der biologischen Vielfalt mit der nachhaltige Nutzung der Natur in Einklang zu bringen. Diese Messlatte muss auch an den Naturschutz in Brandenburg gelegt werden. Nicht die gravierende Beschneidung des Naturschutzes, sondern seine Stärkung muss daher der Grundtenor der Novellierung des Brandenburger Naturschutzgesetzes sein. Brandenburg hat einzigartige Naturräume, die es um ihrer selbst willen und als Kapital für eine wirtschaftliche Entwicklung im Lande zu schützen gilt. Nicht zuletzt stehen wir auch in der Pflicht, das von den europäischen Umweltministern beschlossene Schutzprogramm Natura 2000 umzusetzen.

Das 1992 verabschiedete Brandenburgische Naturschutzgesetz ist über die Landesgrenze hinaus wegweisend und vorbildhaft. Es hat sich in der Praxis bewährt und ist seiner Aufgabe gerecht geworden, den verantwortungsvollen Umgang mit Naturgütern so abzusichern, dass in allen Ebenen des Landes, d.h. vom einzelnen Bürger bis hin zu allen Verwaltungsebenen gesetzeskonformes Handeln zum Schutz der Umwelt umgesetzt wird.Schutz der Lebensmedien Wasser, Boden, Luft sowie von Flora und Fauna bedeutet Schutz des Lebens. Darum verstehen wir Natur- und Umweltschutz als Kernaufgabe des Staates, das heißt als Kernaufgabe der Landesregierung. Ein derart wichtiges Gesetz, das unser aller Lebensgrundlagen absichert, darf nicht einfach kurzzeitigen politischen Erwägungen zum Opfer fallen: Sei es die so genannte Funktionalreform oder der geplante Abbau von Normen und Standards. Nach dem, was sich derzeit abzeichnet, bleibt vom ursprünglichen Gedanken des Naturschutzgesetzes fast nichts mehr übrig. So sieht die Koalitionsvereinbarung vor, dass die Ausweisung von Schutzgebieten (ausgenommen NATURA-2000-Gebiete) praktisch gestoppt, die offenbar als lästig empfundene Einvernehmensregelung zur einfachen Information der Naturschutzbehörden degradiert wird.

Saubere Luft, gesundes Wasser und ertragfähiger Boden zählen jetzt schon weltweit zu den knappen Gütern. Dessen ungeachtet schätzen Hardliner in der brandenburgischen Regierungskoalition nach wie vor die Bedeutung des Schutzes intakter Landschaften und einer gesunden Natur als minderwertig ein: Ziele, für die das bisher geltende Naturschutzgesetz geschaffen wurde. Darüber hinaus konstruieren sie einen Gegensatz zwischen Ökonomie und Ökologie. Wir sind hingegen davon überzeugt, dass Naturschutz und Wirtschaft in Übereinstimmung zu bringen sind. Eine intakte Natur stellt eine Ressource dar, die neue Entwicklungsmöglichkeiten stimuliert.

Das Brandenburger Naturschutzgesetz muss mehr als nur die Pflichtaufgaben aus dem Bundes- und EU-Gesetzgebung enthalten. Die freiwilligen Aufgaben aus dem Gesetz herauszustreichen bedeutet, Landesschätze zu vergeuden.

Wir halten darum an folgenden Kernpunkten des Brandenburger Naturschutzgesetzes fest:

Eingriffsregelung und Einvernehmensherstellung zwischen den Fachbehörden
Es muss ein Grundsatz des Gesetzes sein, dass alle Eingriffe, wenn sie nicht vermeidbar sind, ausgeglichen oder ersetzt werden müssen. Das ständige Gerede über Beschleunigung und Vereinfachung dient nur als Deckmantel, um ungebremst Zugriff auf die Naturgüter zu bekommen. Es darf nicht zugelassen werden, dass die Ersatzzahlung eine Art moderner Ablasshandel wird. Endlich muss auch erreicht werden, dass noch vor der Genehmigung des Eingriffs die Ausgleich- und Ersatzprojekte so fortgeschritten sein müssen, dass an ihrer Realisierung keine Zweifel bestehen können.

Der Einfluss der Naturschutzbehörden auf die Maßnahmen und Planungen anderer Behörden in Form einer Einvernehmensregelung muss erhalten bleiben . Die Reduzierung auf eine Benehmensregelung, also eine bloße Information, stände im krassen Widerspruch zur Bedeutung des Naturschutzes wie sie in §1 festgelegt wurde und stellt die Fachkompetenz der Behörde selbst in Frage.

Naturschutzbeiräte, Naturschutzhelfer und Naturschutzbeauftragte
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist selbstverständlich, dass Naturschutzbeiräte, Naturschutzhelfer und Naturschutzbeauftragte beibehalten werden. Diese ehrenamtliche Tätigkeit stellt dem Land kostenlos wissenschaftliche und fachliche Beratung zur Verfügung und unterstützt so die Arbeit der Unteren Naturschutzbehörden. Die derzeit übliche Methode, Auswahl und Berufung der Naturschutzbeiräte den Landräten zu überlassen, ermöglicht zu sehr eine politische statt einer fachlichen Ausprägung der Zusammensetzung der Beiräte. Wir schlagen vor, den anerkannten Naturschutzverbänden und gegebenenfalls Schutzgebietsverwaltungen das Vorschlagsrecht oder besser noch Entsenderecht zu gewähren. Um größtmögliche Transparenz der Ernennungskriterien zu gewährleisten, sollte die Berufung nicht im Kreisausschuss, sondern durch den Kreistag bestätigt werden.

Verbändebeteiligung und Klagebefugnis
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist die Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände als Träger öffentlicher Belange Herzstück einer modernen, bürgernahen und auf Effizienz ausgerichteten Naturschutzgesetzgebung. Dass die Klagebefugnis der Naturschutzverbände dem Land teuer zu stehen kommt, ist ein weit verbreitetes Märchen. Die Verbände klagen nie zum Spaß. Die durch die Klagebefugnis mögliche Kontrolle über Vorhaben mit bedeutsamen Folgen für den Naturschutz darf nicht eingeschränkt werden.

Ausweisung von Schutzgebieten
Weder die Ausweisung, von, noch die Entlassung aus Schutzgebieten bzw. Schutzverordnungen wollen wir den märkischen Landräten überlassen. Die Zuständigkeit für die Ausweisung der Natur- und Landschaftsschutzgebiete muss eindeutig bei der obersten Naturschutzbehörde verbleiben, denn Brandenburger Landräte hadern mit der Naturschutzgesetzgebung und die entsprechenden politischen Machtverhältnisse in den Kreistagen sind alles andere als naturschutzfreundlich. Mit Entlassungen aus dem Schutzstatus wäre noch häufiger zu rechnen, als es jetzt schon der Fall ist, weil potentiellen Investoren der vermeidlicher Störfaktor 'geschützte Natur' eilfertig aus dem Weg geräumt wird. Sollte es zu diesen Regelungen kommen, müssen die Beratungs- und Einspruchsrechte der Naturschutzbeiräte unbedingt aufgewertet werden.

Naturwacht
Zu den großen Errungenschaften des Naturschutzes in Brandenburg gehört die Naturwacht. Die vielfältigen Aufgaben in der Großschutzgebieten, ihre Öffentlichkeitsarbeit und die Verpflichtung des Landes auf den Flächen der NATURA 2000 hinsichtlich des Monitorings machen eine Sicherung der Naturwacht notwendig. Wir widersetzen uns dem Versuch der Politiker beider Regierungsparteien die Zuwendungen für die Naturwacht zu immer stärker zu kürzen oder sie ganz zu zerschlagen. Die Landesregierung wird darum aufgerufen, in das Vermögen des Naturschutzfonds nicht nur ein Gründungskapital einzubringen, sondern die laufenden Kosten verlässlich und dauerhaft zu sichern.

Alleenschutz
Immer noch halbherzig ist der Schutz der Alleen in Brandenburg. Die Regeneration dieser brandenburgischen Landschaftssymbole ist nicht gesichert. Es besteht ein katastrophales Defizit an Nachpflanzungen, das auch finanzielle Ursachen hat. Wir unterstützen als Mitglied der Schutzgemeinschaft Brandenburger Alleen, die Forderung einen "Alleenfonds" einzurichten. In diesen Fonds werden Mittel eingezahlt, die bei Baumfällungen an Straßen als Ausgleichszahlungen fällig werden und die zweckgebunden für Nachpflanzung und Pflege einzusetzen sind. Sie müssen also aus dem allgemeinen Haushaltstitel für Straßenunterhaltungsmaßnamen herausgenommen werden. Ein Einfallstor für die flächendeckende Zerstörung der Alleen sind die Befreiungstatbestände aus Gründen der Verkehrssicherheit. Die Behörden des MSWV und des MLUR sind hier zu besonders intensiver Zusammenarbeit aufgerufen.

 

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