Die Ankündigung des Brandenburger Agrarministeriums, eine Wolfs-Abschussquote einzuführen, stößt bei den Brandenburger Bündnisgrünen auf scharfe Kritik. Noch in diesem Jahr soll dafür der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden, wie Staatssekretär Gregor Beyer ankündigte. Danach könne die Abschussquote von zunächst 15 nach und nach auf 35 Prozent des Wolfsbestands erhöht werden.
„Was wir hier erleben, ist keine ausgewogene Politik, sondern Schießwut und ein Kotau vor der Jägerlobby. Das Ministerium hat jedes Maß und jede Mitte verloren. Der Eindruck drängt sich auf, dass es nicht um den Schutz von Weidetieren geht, sondern um die Bedürfnisbefriedigung von Männern mit Flinten im Wald“, erklärt Dr. Andrea Lübcke, Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen.
Ministerium agiert mit überhöhten Zahlen ohne Grundlage
Das offizielle Wolfsmonitoring im Wolfsjahr 2023/2024 erfasst 58 Rudel und einige Einzelgänger. Daraus leiten Experten eine Gesamtzahl von maximal 500-600 Wölfen in Brandenburg ab. Das hält den Staatssekretär jedoch nicht davon ab, über bis zu 330 Abschüsse jährlich zu spekulieren und Zahlen über die Gesamtpopulation von wahlweise ‚weit über 2000‘ (Februar 2025) oder 1000–1600 (August 2025) in die Welt zu setzen – getreu dem Motto: ‚Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.‘ Das hat nichts mit faktenbasierter Politik zu tun, sondern ist Politik wider den Fakten“, so Lübcke.
Prävention liegt brach
Währenddessen liegt die „Richtlinie zur Förderung von Präventionsmaßnahmen und laufenden Betriebsausgaben zum Schutz vor Schäden durch den Wolf“ seit Monaten brach. Diese Förderung war in den vergangenen Jahren ein zentrales Instrument, um Weidetierhalter mit wolfsabweisenden Zäunen, Herdenschutzhunden und laufender Unterstützung auszustatten. Studien und Praxiserfahrungen zeigen: Prävention ist nicht nur kostengünstiger und rechtlich sicherer als Abschüsse, sondern schützt Weidetiere nachweislich effektiver.
Trotzdem wird das Förderprogramm aus haushalts- und förderrechtlichen Gründen ausgesetzt – während gleichzeitig Ressourcen für ein rechtlich und fachlich fragwürdiges Abschussprogramm mobilisiert werden.
Befürchtung: Wolfs-Plenum nur Feigenblatt
Die Brandenburger Bündnisgrünen befürchten, dass das angekündigte Wolfs-Plenum lediglich als Feigenblatt dient. „Betrachtet man die bisherige Handlungsweise des Ministeriums, steht zu befürchten, dass die Ergebnisse eines Dialogs ebenso missachtet werden wie die Fachexpertise der eigenen Ministeriumsmitarbeitenden und der Verwaltung insgesamt. Ein solcher Eindruck macht den Dialog mit Fachverbänden und Interessengruppen schnell zur reinen Showveranstaltung, untergräbt das Vertrauen in transparente Entscheidungsprozesse und entwertet wertvolles Fachwissen. Statt einer ernsthaften Auseinandersetzung mit Fakten droht ein politisches Theaterstück, bei dem die letzte Szene längst geschrieben scheint – und zwar im Sinne der Jagdlobby“, sagt Lübcke.
Beyer erklärte gegenüber Medien: „Wir werden diskutieren und am Ende werden die Ministerin und ich entscheiden“ – und macht damit zudem unmissverständlich klar, dass er selbst die Entscheidung treffen will, ohne ausdrücklich sicherzustellen, dass die Ergebnisse des Plenums oder die Expertise der Fachleute aus Verwaltung und Ministerium maßgeblich einfließen.
Der passionierte Jäger Gregor Beyer war früher Geschäftsführer des umstrittenen Lobbyvereins der Landnutzer „Forum Natur“, der wiederholt für weitreichende Eingriffe in Natur- und Artenschutzregelungen geworben hat. „Wir sollten uns ernsthaft fragen, ob das SPD-geführte Ministerium nicht ehrlicher ‚Ministerium für Agrarindustrie und Jagdinteressen‘ heißen sollte – denn für Natur- und Artenschutz ist hier offenbar kaum noch Platz“, sagt Lübcke.
Bündnisgrüne fordern faire Vertretung aller Interessen
Die Brandenburger Bündnisgrünen fordern, dass auf dem Wolfsforum die Interessen von Weidetierhaltern sowie von Natur- und Artenschutz gleichermaßen vertreten werden und konstruktiv nach tragfähigen Lösungen für alle Beteiligten gesucht wird.
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Mehr Informationen
Aussetzung der „Richtlinie zur Förderung von Präventionsmaßnahmen und laufenden Betriebsausgaben zum Schutz vor Schäden durch den Wolf“
https://mleuv.brandenburg.de/mleuv/de/service/foerderung/natur/praevention-schaeden-wolf/
Entwicklung des Wolfsbestands im Land Brandenburg
https://lfu.brandenburg.de/lfu/de/aufgaben/natur/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/woelfe-in-brandenburg/wolfsbestand-brandenburg/#
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