Die erneuten Ausbrüche der Vogelgrippe in Brandenburg zeigen: Ohne systematische und ehrliche Ursachenanalyse wiederholt sich die Krise. Gesunde Tiere werden gekeult, Betriebe geraten in Not – und die eigentlichen Ursachen bleiben zu oft unklar. Zugleich gefährdet das Virus zunehmend auch seltene Wildvögel wie See- und Fischadler, die sich beim Fressen infizierter Wildvögel anstecken.
„Nach der Vogelgrippe ist vor der Vogelgrippe – das sagen wir seit Jahren“, erklärt Andrea Lübcke, Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen. „Die Ursachen müssen erforscht und angegangen werden. Schuldzuweisungen helfen niemandem. Wir brauchen saubere Fakten, transparente Untersuchungen und wirksame Konsequenzen.“ Die Maßnahmen im Seuchenfall, die europäisch geregelt sind, müssen auf den Prüfstand. Was ist notwendig und wie werde ich dem Tierschutz auch in solchen Situationen gerecht?
Die Brandenburger Bündnisgrünen sehen in der aktuellen Situation eine Schieflage: Ein Produktionssystem wird geschützt, obwohl es selbst Teil des Problems ist. Die politische Aufgabe bestehe darin, diese Fragen offen zu stellen, Erkenntnisse einzuholen und daraus Konsequenzen für die Tierhaltungspolitik zu ziehen.
„Wir müssen weg vom reaktiven Krisenmanagement und hin zu echter Prävention“, sagt Andrea Lübcke: „Nicht erst handeln, wenn alles brennt – sondern verstehen, woher die Flammen kommen. Das bedeutet: Tierhaltung neu denken, Tiergesundheit zur Priorität machen und Strukturen entsprechend anpassen“.
Auch die Ursachen in der Tierhaltung selbst müssten ehrlich benannt werden. „Durch Massentierhaltung entstehen Bedingungen, unter denen Viren mutieren und sich schneller ausbreiten können. Ställe werden so zu potenziellen Inkubatoren gefährlicher Varianten. Deshalb müssen wir auch über eine Landwirtschaft reden, die Tierseuchen nicht noch befördert, sondern ihnen vorbeugt,“ sagt Lübcke.
Die Brandenburger Bündnisgrünen fordern, die Ursachen der wiederkehrenden Seuchenausbrüche an der Wurzel anzugehen. Statt immer neue Notmaßnahmen über ein bestehendes System zu legen, müsse gefragt werden, wie Tierhaltung heute organisiert ist – und ob sie so überhaupt zukunftsfähig ist.
Welche Rolle spielt die Art der Haltung? Sind industrielle Großanlagen anfälliger als tiergerechte Freilandbetriebe? Warum bleibt das Grundprinzip unangetastet, ganze Bestände zu keulen und mit EU-Geldern zu entschädigen, statt das System selbst zu hinterfragen?
Um diese Zusammenhänge umfassend aufzuarbeiten, schlagen die Brandenburger Bündnisgrünen vor, eine Enquetekommission „Tierhaltung, Seuchenschutz und Landwirtschaft der Zukunft“ einzurichten. Diese könnte parteiübergreifend Ursachen, Verantwortlichkeiten und Handlungsoptionen erarbeiten – wissenschaftlich fundiert, transparent und unter Einbeziehung von Praxis, Tierschutz und Forschung.
„Tierschutz ist Seuchenschutz. Es reicht nicht, Symptome zu bekämpfen. Die industrielle Tierhaltung ist kein Naturgesetz – sie ist eine politische Entscheidung. Und sie lässt sich auch politisch ändern,“ sagt Lübcke. „Landwirtinnen und Landwirte, Tiere und Natur verdienen, dass wir aus dieser Krise lernen,“ so Lübcke. „Eine nachhaltige Landwirtschaft ist die beste Vorsorge gegen die nächste Krise – und die wird kommen, wenn wir nicht endlich handeln.“