Anlässlich der Schulstreiks gegen die geplante neue Wehrdienstform äußert sich Clemens Rostock, Landesvorsitzender der Brandenburger Bündnisgrünen, wie folgt:
„Wir Brandenburger Bündnisgrünen lehnen die Wiedereinführung der Wehrpflicht ab – sie entspricht nicht unserem Menschenbild. Junge Menschen engagieren sich bereits heute vielfältig und freiwillig: In sozialen Projekten, für den Klimaschutz, in Parteien und Initiativen für Demokratie. All das geschieht ohne Zwang, und genau das ist gelebte Verantwortung in unserer Gesellschaft.
Ohne Zweifel: Es gibt einen Bedarf, die Bundeswehr funktionstüchtig und abwehrbereit zu halten. Das sollte aber über Freiwilligkeit, Attraktivität und gute Ausbildung funktionieren, statt über Zwang. Statt einer Wehrpflicht brauchen wir eine offene Debatte über äußere Bedrohungen und darüber, wie wir als Gesellschaft darauf reagieren wollen. Diese Debatte muss die Jugend aktiv einbinden.
Ein Wehrdienst per Los ist kein modernes Gesellschaftsmodell, sondern ein Rückfall in die Willkür. Wer jungen Menschen ihre Zukunft per Zufallsverfahren zuteilt, erzeugt kein Verantwortungsgefühl, sondern Ohnmacht. Gerade in einer Lebensphase voller Übergänge brauchen junge Menschen Planungssicherheit statt eines staatlichen Roulettes. So gewinnt man kein Vertrauen, sondern sät Misstrauen gegenüber staatlichem Handeln.
Viele junge Menschen fühlen sich derzeit nicht ausreichend gehört. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht käme auf die Entbehrungen in der Coronazeit, Kürzungen in der Bildungspolitik, Fatalismus in der Klimapolitik und vielen anderen Belastungen für die jungen Menschen noch oben drauf. Die Proteste, wie die Schulstreiks unter anderem in Potsdam und Cottbus, sind ein Ausdruck dieses Demokratiedefizits.
Die Debatte über Wehrpflicht und Sicherheit darf nicht allein auf den Schulstreik reduziert werden – sie muss breiter geführt werden, mit Raum für unterschiedliche Perspektiven und echte Beteiligung der jungen Generation. Wer jungen Menschen das Recht auf politischen Protest abspricht, nur weil er nicht ins eigene Weltbild passt, verkennt, worum es in einer wehrhaften Demokratie wirklich geht: Um Mitbestimmung, Kritikfähigkeit und Pluralität.
Wir Bündnisgrüne sind die erste Partei, die einen strukturierten Dialog mit unserer Parteijugend zu diesen schwierigen Fragen begonnen hat. Denn junge Menschen dürfen bei so grundsätzlichen Entscheidungen wie Wehrpflicht, Krieg und Frieden nicht übergangen werden. Gleichzeitig sind einige der Aufrufe zu diesen Streiks in ihrer Rhetorik überzogen. Die Debatte sollte sachlich geführt werden. Denn klar ist: Das Grundrecht auf Wehrdienstverweigerung ist unbestritten. Niemand kann gegen seinen Willen zum Dienst an der Waffe gezwungen werden.“