Experten-Treffen am Dienstag in Potsdam: Brandenburg braucht ein Antidiskriminierungsgesetz

Die Brandenburger Bündnisgrünen erneuern ihre Forderung nach einem Landesantidiskriminierungsgesetz. Anlass sind die steigenden Fälle von Diskriminierung, auf die auch der aktuelle Jahresbericht der Bundesantidiskriminierungsstelle hinweist, sowie das Berliner Beispiel: Dort gilt seit fünf Jahren ein Landesantidiskriminierungsgesetz mit positiver Bilanz. Vor diesem Hintergrund luden die Bündnisgrünen am Dienstag in Potsdam zu einer gut besuchten Diskussion mit Expertinnen und Experten aus Beratung, Verwaltung und Zivilgesellschaft über Notwendigkeit und Ausgestaltung eines solchen Gesetzes in Brandenburg.

Surani Loibl, Vielfaltspolitische Sprecherin der Brandenburger Bündnisgrünen, machte deutlich, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) des Bundes gravierende Lücken aufweist. „Das AGG greift nicht bei staatlichem Handeln auf Landesebene. Wer in Brandenburg beispielsweise in der Schule oder bei einer Behörde diskriminiert wird, hat bislang keine wirksame Handhabe. Das zeigt, wie dringend ein eigenes Landesgesetz ist.“

Bereits in der Keynote stellte Diana Gonzalez Olivo, Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg, heraus, dass es ein Landesantidiskriminierungsgesetz braucht. Sie unterstrich, dass gerade Betroffene von Diskriminierung im Alltag stärkeren rechtlichen Schutz und niedrigschwellige Strukturen für wirksame Beratung benötigen.

Berlin sollte dabei ein Vorbild für Brandenburg sein: Dort gibt es seit fünf Jahren ein Landesantidiskriminierungsgesetz – mit einer positiven Bilanz. Anya Lean, Senatsverwaltung Abteilung Antidiskriminierung, von der Ombudsstelle in Berlin berichtete, dass allein im Jahr 2024 rund 1.000 Anfragen eingingen, davon etwa 350 direkt zum LADG. Ihre Erfahrungen zeigen, dass das Gesetz Wirkung entfaltet, wenn es mit klaren Strukturen, unabhängiger Beratung und verpflichtenden Schulungen in den Verwaltungen verknüpft wird.

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass Betroffene gerade in Schulen, Behörden oder im Kontakt mit der Polizei immer wieder Diskriminierung erfahren, ohne dass sie sich rechtlich wehren können. Issam Kanjo vom Dachverband der Migrant*innenorganisationen Ostdeutschland schilderte, dass ein erheblicher Teil der Beratungsfälle genau in diesen Bereichen liege, in denen das Bundesgesetz (AGG) nicht greift. Auch Birgit Peter von der Opferperspektive wies darauf hin, dass Diskriminierung oft mehrere Ebenen gleichzeitig betreffe – etwa Herkunft, Geschlecht und soziale Lage – und deshalb umfassendere Regelungen nötig seien. Lars Bergmann vom Landesverband AndersARTIG schilderte, dass insbesondere queerfeindliche Diskriminierung im Bildungsbereich weit verbreitet sei und dringend rechtliche wie auch praktische Gegenmaßnahmen erfordere.

Unterstützung erhalten die Brandenburger Bündnisgrünen auch von der Bundespartei. Heike Knopf, Mitglied des Bundesvorstands der Bündnisgrünen, erklärte in Potsdam: „Wir tragen den Bündnisgedanken nicht nur im Namen, wir fordern ihn auch ein. Lasst uns Brücken bauen und die Gesellschaft zusammenführen.“

Zum Abschluss kündigte Surani Loibl an, die Ergebnisse der Tagung zusammenzufassen und in einem Brief an Landesregierung und Parlament zu übermitteln. Dabei konnte sich das vielfältige Publikum – darunter Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Politik, Zivilgesellschaft und Verbänden – beim anschließenden Vielfaltsempfang mit eigenen Perspektiven und Anregungen einbringen und die Forderungen für den geplanten Brief mitgestalten. „Damit wollen wir den politischen Druck erhöhen und deutlich machen: Brandenburg darf beim Schutz vor Diskriminierung nicht länger hinterherhinken.“ Die Brandenburger Bündnisgrünen ziehen daraus ein klares Fazit. Andrea Lübcke, Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen, sagt: „Ein Antidiskriminierungsgesetz für Brandenburg ist überfällig. Es würde rechtliche Lücken schließen, Beratungsangebote stärken und ein unmissverständliches Signal senden, dass das Land an der Seite derer steht, die Diskriminierung erfahren.“

Bild: (Quelle: Patric Rademacher) v.l.n.r.: Diana Gonzalez Olivo, Andrea Lübcke, Heiko Knopf, Surani Loibl