Paukenschlag in der Debatte um den Wolf: SPD-Ministerin pfeift ihren Staatssekretär zurück

Umweltministerin Hanka Mittelstädt (SPD) hat nach langem Zögern ihren eigenen Staatssekretär Gregor Beyer öffentlich zurückgepfiffen. Mittelstädt erklärte auf rbb-Anfrage am Mittwoch, die Zahlen, die Beyer zum Wolfsbestand genannt hätte, wären lediglich „Mutmaßungen“. Auch sei die von ihrem Staatssekretär angekündigte Quotenjagd „nur eine mögliche Maßnahme unter anderen“. Monatelang ließ die Ministerin zu, dass Beyer – einem passionierten Jäger – mit frei erfundenen Wolfszahlen hausieren ging und so einseitig die Interessenten der Jagdlobby bediente.

Andrea Lübcke, Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen, erklärt dazu:

„Dass eine Ministerin sich derart öffentlich von ihrem Staatssekretär distanziert, ist ein Novum in der jüngeren Geschichte des Hauses. Der längst überfällige Schritt zeigt vor allem eins: Hanka Mittelstädt hat ihren Staatssekretär erst gestoppt, als der Druck zu groß wurde. 

Die entscheidende Frage ist, ob die Ministerin ihr Haus überhaupt noch im Griff hat. Wochenlang hat sie weggesehen, während ihr Staatssekretär mit falschen Zahlen Politik gemacht und die Öffentlichkeit in die Irre geführt hat. Wer so agiert, verliert jede Glaubwürdigkeit in der Debatte. Anstatt für Klarheit und Fakten zu sorgen, hat Hanka Mittelstädt den Eindruck erweckt, dass in ihrem Ministerium die Jagdlobby das Sagen hat.

Beyer fabulierte von „über 2000“ Wölfen, später von „1600“ – während das offizielle Wolfsmonitoring von höchstens 500 bis 600 Tieren ausgeht. Mit solchen Fantasiezahlen Politik zu machen, ist nichts anderes als bewusste Irreführung der Öffentlichkeit. 

Wir erwarten eine hausinterne Aufarbeitung des Vorfalls. Immerhin ist ein Staatssekretär nicht irgendwer, sondern die Nummer zwei im Ministerium. Wenn ein Spitzenbeamter wiederholt mit falschen Zahlen operiert und die Öffentlichkeit bewusst in die Irre führt, dann reicht es nicht, ihn öffentlich zurückzupfeifen. Die Ministerin muss darlegen, wie es dazu kommen konnte – und welche Konsequenzen sie daraus zieht. Denn was wir hier erleben, ist nichts anderes als die Trumpsierung der Politik: Fakten werden verdreht, Zahlen frei erfunden, und am Ende soll mit Fake-Argumenten Politik gemacht werden. Das ist brandgefährlich – für den Naturschutz, für die Demokratie und für das Vertrauen in staatliches Handeln.

Vor dem anstehenden Wolfsdialog scheint das Haus nun zur Sachlichkeit zurückzukehren. Ob es sich dabei um echtes Einlenken handelt oder nur um ein taktisches Manöver, wird sich zeigen. Klar ist: Faktenscheue Panikmache darf in Brandenburg keine Grundlage für Politik sein.“