Wasser ist ein öffentliches Gut: Geplante Entnahmen in Baruth in ganz anderer Dimension als bei Tesla – Landtag muss Transparenz schaffen

Die geplante Erhöhung der industriellen Wasserentnahme durch Red Bull und seine Tochterfirmen in Baruth sorgt seit Monaten für Proteste. In der Region südlich von Berlin geht es um ein Vielfaches dessen, worüber in den vergangenen Jahren bei der Debatte um Tesla in Grünheide gestritten wurde. Von den 2,55 Millionen Kubikmetern Grundwasser, die die Stadt Baruth jährlich fördern darf, sollen rund 2,35 Millionen (92 %) Kubikmeter in die industrielle Getränkeproduktion fliessen – nur 204.000 (8%) Kubikmeter bleiben damit für die regionale Trinkwasserversorgung. Brandenburg ist schon jetzt eines der trockensten Bundesländer, die Grundwasserspiegel sinken seit Jahrzehnten.

Dr. Andrea Lübcke und die Europaabgeordnete Jutta Paulus trafen zahlreiche engagierte Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreterinnen von Umweltinitiativen, wie dem Ressourcen-Bündnis Baruth in der Region. Viele schilderten ihre Besorgnis über die möglichen Auswirkungen auf Natur, Landwirtschaft und die langfristige Versorgungssicherheit. Anwohner berichteten, dass schon heute ihre Brunnen versiegen. Trotz der weitreichenden Eingriffe in die Wasserhaushalte gibt es bislang kaum öffentlich zugängliche Informationen über genehmigte Entnahmemengen und ökologische Folgen.

„Der Landtag muss sich mit der Thematik befassen, weil die Auswirkungen großindustrieller Wasserentnahmen weit über die kommunale Ebene hinausreichen. Es geht um den Schutz eines existenziellen öffentlichen Gutes, um landesweite ökologische Folgen und um die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung künftiger Generationen. Eine umfassende parlamentarische Aufarbeitung ist daher dringend geboten“, fordert Dr. Andrea Lübcke, Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen.

Da die Brandenburger Bündnisgrünen derzeit nicht im Landtag vertreten sind, richtet sich der Appell an die anderen Fraktionen: „Sie müssen sich den Belangen der Umwelt und der Bevölkerung annehmen. Das Mindeste wäre, eine öffentliche Anhörung aller Beteiligten im zuständigen Ausschuss einzuberufen, um die Diskussion zu versachlichen und die Grundlagen politischer Entscheidungen transparent zu machen. Ohne ausreichend Trinkwasser wird es auch mit der Wirtschaft in der Region schwierig“, mahnt Lübcke. „Die Fraktionen dürfen beim Thema Umwelt und Wasser nicht auf dem Auge blind sein: Erst recht, wenn das zugrunde liegende Gutachten fast 20 Jahre alt ist. Bevor nicht ein neues, unabhängiges Gutachten vorliegt – da sich klimawandelbedingt die Grundwasserneubildung verändert – dürfen keine weiteren Fakten geschaffen werden – weder durch zusätzliche Entnahmen noch durch den Ausbau der Produktionsanlagen.“

Wie wichtig die öffentliche Debatte ist, zeigt das Beispiel Tesla in Grünheide: Das Unternehmen darf bis zu rund 1,8 Millionen Kubikmeter Grundwasser pro Jahr entnehmen, nutzt aber derzeit deutlich weniger – zuletzt etwa 450.000 Kubikmeter. Auch die anhaltenden Proteste von Bürgerinitiativen und Umweltverbänden waren hier bedeutsam: Sie haben den Wasserverbrauch ins öffentliche Bewusstsein gerückt, rechtliche Prüfungen angestoßen und dazu beigetragen, dass strengere Auflagen erlassen und Recyclingmaßnahmen ausgebaut wurden.

Die Entscheidungen über Wasserrechte und Genehmigungen werden von Wasserbehörden und den Kommunen getroffen. Zwar hat das Land Brandenburg nur begrenzte direkte Eingriffsmöglichkeiten, doch es liegt in seiner Verantwortung, Transparenz, Beteiligung und öffentliche Kontrolle einzufordern, so Lübcke. Die Red Bull GmbH ist nicht börsennotiert, sondern komplett privat. 51 % gehören der thailändischen Gründerfamilie Yoovidhya, 49 % hält Mark Mateschitz, Sohn des österreichischen Mitgründers. Das Unternehmen veröffentlicht daher nur grobe Finanzzahlen. „Dabei geht es auch um Gerechtigkeit in der Wasserverteilung: In Zeiten sinkender Grundwasserstände darf die Versorgung von Bevölkerung und Landwirtschaft nicht nachrangig gegenüber den Interessen einzelner Konzerne behandelt werden. Wasser ist keine beliebig verfügbare Ressource – es muss fair, nachhaltig und mit Blick auf die kommenden Generationen verteilt werden“, so die Physikerin Lübcke.