Keine Außenstelle des BER – Kritik an Plänen für Instrumentenanflugverfahren in Neuhardenberg: Anwohnerschutz und Wirtschaftlichkeit unhaltbar

Die Pläne der Landesregierung Brandenburg, ein Instrumentenanflugverfahren für den Sonderlandeplatz Neuhardenberg zu beantragen, stoßen bei den Brandenburger Bündnisgrünen auf klare Ablehnung. Dieses Verfahren ermöglicht Starts- und Landungen auch von großen Passagiermaschinen zu jeder Tages- und Nachtzeit. Das macht Anflüge möglich, die am BER bspw. wegen des Nachtflugverbotes nicht möglich sind. Neuhardenberg könnte so zur Außenstelle des BER werden. Nach Ansicht der Partei stellen sich dabei entscheidende Fragen, die bislang unbeantwortet geblieben sind – insbesondere beim Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner, bei den tatsächlichen Kosten sowie bei der völlig unzureichenden Anbindung des Standorts.

Angriff auf das Recht auf ruhige Nächte

„Wenn Neuhardenberg so ausgebaut werden soll, dass dort die ganze Nacht über Flugzeuge landen können, wäre das ein direkter Angriff auf das Recht auf ruhige Nächte, das auch für die Menschen im Oderbruch gelten muss und auf gar keinen Fall durch die Hintertür ausgehebelt werden darf“, fordert Dr. Andrea Lübcke, Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen und Mitglied des Bundestages.

Absurde Kosten pro Flug

Wenn es am Ende nur darum geht, ein oder zwei verspätete Maschinen pro Nacht nach Neuhardenberg umzuleiten, wird die Absurdität des Vorhabens noch deutlicher: Für wenige Flüge würden hunderte Millionen Euro an Steuergeldern versenkt. Die Kosten pro Flug oder pro Passagier stünden in keinem Verhältnis – ein Paradebeispiel für Verschwendung öffentlicher Mittel. Dann lieber ein Ausbau der RB26 und eine sichere B1.

Neuhardenberg bald nächstes teures Milliardengräber?

Derzeit ist Neuhardenberg lediglich für Motorflugzeuge, Hubschrauber, Segelflugzeuge und Ultraleichtflugzeuge zugelassen. Dennoch wird immer wieder über eine umfassende Ertüchtigung des Sonderlandeplatzes diskutiert. Als treibender Keil hat sich dabei insbesondere Landrat Gernot Schmidt (SPD) hervorgetan, der sich wiederholt für den Ausbau starkgemacht hat. Eine solche Ertüchtigung dürfte allerdings weit mehr kosten als „ein paar Millionen“. Schon kleine Infrastrukturprojekte wie der Bau von Schulen schlagen im Land mit Millionen Euro zu Buche. Flughäfen haben sich in der Vergangenheit viel zu oft als teure Milliardengräber erwiesen – ein Risiko, das in Zeiten knapper öffentlicher Mittel niemand verantworten darf. Umso unverantwortlicher ist es, wenn die Landesregierung zugleich erklärt, für die Reaktivierung dringend benötigter Bahnstrecken stünden keine Gelder bereit.

Unzumutbare Lärmbelastung und Aufweichung des Single-Airport-Konzepts

Besonders kritisch sind zudem die zusätzlichen Lärmbelastungen für die Menschen im Oderbruch, insbesondere in den Nachtstunden. „Wenn im Oderbruch Passagierflugzeuge über die Dächer dröhnen, ist das schon ein riesiger Einschnitt in die Lebenswelten der Menschen vor Ort, die da leben, weil sie eben genau das nicht wollten. Sie wollen ihre Ruhe. Wenn dann noch gleichzeitig keine oder schleppende Investitionen in den RB26, in den Busverkehr und die Radwege im Kreis gesteckt werden, geht das schon in Richtung Unding. Das ist weder nachvollziehbar noch respektvoll“, sagt Juliane Roschitz, Kreisvorsitzende in Märkisch-Oderland und Sprecherin der LAG Mobilität. „Der Sonderlandeplatz liegt außerdem in einer ökologisch sensiblen Region. Eine Ausweitung des Flugbetriebs hätte gravierende Folgen für die Tierwelt.“ Darüber hinaus sehen die Brandenburger Bündnisgrünen auch das Single-Airport-Konzept gefährdet, das eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung des BER war und nun durch die Hintertür aufgeweicht würde.

Flugplatz in „Jottwede“ – Anbindung ein schlechter Witz

Der Sonderlandeplatz Neuhardenberg liegt verkehrlich in „Jottwede“ (Berliner und brandenburgische Umgangssprache für „janz weit draußen“). Keine Schienenanbindung, die nächste Station der Ostbahn (RB 26) ist mehrere Kilometer entfernt und auch die Busse fahren, wenn überhaupt, nur wenige Male am Tag. Wer dorthin will, ist auf sein Auto angewiesen. „Für ein Projekt, das viele Millionen verschlingen soll, ist eine solche Anbindung ein schlechter Witz. Faktisch würde dadurch der Individualverkehr und damit Lärm- und Umweltbelastungen massiv gesteigert werden“, sagt Roschitz.

Forderung nach Transparenz und echter Beteiligung

Die Brandenburger Bündnisgrünen fordern die Landesregierung deshalb auf, die Pläne für Neuhardenberg kritisch zu überprüfen, die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner konsequent zu schützen und keine neuen Millionenlöcher im Landeshaushalt aufzumachen. Die Öffentlichkeitsbeteiligung darf nicht auf das gesetzliche Mindestmaß beschränkt werden. Es braucht ein echtes Diskussionsforum in der Region, in dem Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Umweltverbände frühzeitig und transparent einbezogen werden. „Wer Entscheidungen über die Köpfe der Menschen hinweg in Hinterzimmern vorbereitet, verspielt Vertrauen und verschärft den Konflikt“, warnt Lübcke: „Anstatt Flugbewegungen zu verlagern, sollte der Fokus auf der Reduzierung des klimaschädlichen Flugverkehrs und einer nachhaltigen Verkehrspolitik liegen“.