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10.01.11 –
Jeder elfte Landwirtschaftsbetrieb in Niedersachsen war zwischenzeitlich gesperrt, weil er dioxinverseuchtes Futter bezogen hat, deutschlandweit über 4.700 Betriebe mit einem Vermarktungsverbot belegt. Betroffen sind neben Legehennenhalter auch Schweine- und Geflügelmastbetriebe. Und doch ist dies alles wohl nur die Spitze des Eisberges.
Denn der Futterfetthersteller Harles & Jentzsch hat bereits im März 2010 in Eigenkontrollen Dioxinwerte gemessen, die doppelt so hoch waren wie der gesetzliche Grenzwert. Diese Ergebnisse wurden verschwiegen und die Futterfette weiter vermarktet. Wachsame Kunden entdeckten belastete Eier in Hannover im Handel und brachten sie zur Polizei. Mittlerweile wurden erhöhte Dioxinwerte auch in Schweinefleisch gefunden.
In einer Sondersitzung des Verbraucherausschusses des Bundestages blieben zu viele Fragen offen, z.B. nach der Herkunft der giftigen Substanz. Die Bundesregierung, allen voran die Verbraucherschutzministerin Aigner, versagt beim Krisenmanagement auf ganzer Linie. Sie verharmlost die Risiken und trägt nichts zur Aufklärung der Ursachen bei. Die Verantwortung für den Skandal wälzt sie auf "schwarze Schafe" ab, gegen die man auch mit besseren Kontrollen nichts machen könne. Anstatt selber die Initiative für eine Verbesserung der Futter- und Lebensmittelsicherheit zu ergreifen, wartet die Bundesregierung auf Vorschläge von Seiten der Futtermittelindustrie – und macht damit den Bock zum Gärtner.
Die aktuellen Dioxinfunde machen deutlich, dass die Lehren aus vergangenen Futter- und Lebensmittelskandalen nicht ausreichend in die Praxis umgesetzt wurden. Sie belegen aber auch einmal mehr, dass wir den Systemwechsel in der Land- und Lebensmittelwirtschaft brauchen. Ein System, dass nur auf Kostenoptimierung ausgerichtet ist, hat sich von der Produktion guter Lebensmittel verabschiedet.
Die grüne Bundestagsfraktion hat folgende Schritte beschlossen, die jetzt erfolgen müssen:
Der Dioxinskandal muss tiefgreifende Konsequenzen im Verbraucherschutz, bei der Lebensmittelsicherheit und für die Agrarpolitik haben!
Im Sinne des vorsorgenden Verbraucherschutzes müssen bei Lebensmittelskandalen Konsumenten schneller und umfassender über akute, aber auch langfristige Gesundheitsgefahren informiert werden. Möglicherweise belastete Ware muss aus dem Handel zurückgerufen werden. Es reicht nicht aus, wenn die Bundesregierung bei deutschlandweiten Vorkommnissen auf die Kompetenz der Länder verweist. Hier muss der Bund auch selber tätig werden. Doch eine Auflistung aller betroffenen Legehennenbetriebe findet man nicht etwa auf den Seiten des Bundeslandwirtschaftsministeriums, sondern bei der Verbraucherzentrale Hamburg.
Obwohl noch nicht bekannt ist, ob neben Eiern auch Hühner- und Schweinefleisch betroffen ist und wie lange mit Dioxin kontaminiertes Futter bereits vertrieben wurde, gibt das Bundesinstitut für Risikobewertung bereits Entwarnung: Gesunde Erwachsene könnten wie gewohnt Eiergerichte verzehren, es bestehe keine akute Gefährdungslage. Uns Grünen greift diese Bewertung zu kurz. Denn sensible Verbrauchergruppen wie Kinder und Kranke sowie die Kumulation von Dioxin und seine chronischen Auswirkungen sind hier zu wenig berücksichtigt. In der Risikobewertung müssen aber auch diese Aspekte beachtet werden.
Trotz immer wieder auftretender Skandale bei Futter- und Lebensmitteln und anderslautender Versprechungen hat die Kontrollqualität in einigen Bundesländen in den letzten Jahren de facto ab- statt zugenommen. Wir fordern, dass die Durchführung der Kontrollen effizienter gestaltet wird und vor allem mehr Kontrollkapazitäten aufgebaut werden. Der aktuelle Fall muss für eine Schwachstellenanalyse genutzt werden.
Um der Vermengung von Fetten für die Futtermittelherstellung und die industrielle Nutzung zu vermeiden, müssen die Produktströme zukünftig klar getrennt werden. Für Hersteller von Futtermittelkomponenten muss zudem eine Zulassungs- und Registrierungspflicht eingeführt werden.
Der Dioxinfall führt uns einmal mehr vor Augen: Eine Lebensmittelerzeugung, die nur auf Kostenoptimierung und Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, wird dauerhaft keine sicheren, qualitätsvollen Lebensmittel herstellen können. Wir Grünen fordern darum eine Agrarpolitik, die auf die Förderung einer nachhaltigen, bäuerlichen Landwirtschaft, die Stärkung des ökologischen Anbaus und den Ausbau regionaler Kreisläufe setzt.
Dieser Text stammt von der Homepage der bündnisgrünen Bundestagsfraktion. Weitere Infos zum Thema findet ihr hier.
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