Falsches Spiel mit Strompreisen

Glaubt man den Energiekonzernen, ist alles ganz einfach: Deutschland steigt aus der Atomkraft aus und baut dafür die erneuerbaren Energien aus. Das kostet Geld – und so sei es kein Wunder, dass die Strompreise eben steigen. Falsch, sagt unsere bündnisgrüne Bundestagsfraktion.

08.05.12 –

Glaubt man den Energiekonzernen, ist alles ganz einfach: Deutschland steigt aus der Atomkraft aus und baut dafür die erneuerbaren Energien aus. Das kostet Geld – und so ist es kein Wunder, dass die Strompreise eben steigen. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus: Die Strompreiserhöhungen haben in erster Linie andere Ursachen. Die Bundesregierung sieht den fortwährenden Preiserhöhungen der Energiekonzerne tatenlos zu und treibt mit immer neuen Befreiungen für die Industrie die Strompreise für die Allgemeinheit weiter in die Höhe. Wieder einmal warnt eine Studie vor steigenden Energiepreisen durch den Umstieg auf erneuerbare Energien. Diesmal hat die Unternehmensberatung McKinsey berechnet, dass Stromverbraucher wegen des Ökostromausbaus im Jahr 2020 bereits 29 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde Strom bezahlen müssten. In vielen Medien wird dies zur „Preisexplosion“ hochstilisiert.

Klar ist, dass der Ausbau erneuerbarer Energien nicht zum Nulltarif zu haben ist, doch von Preisexplosion kann keine Rede sein. Bereits seit Jahren kennen die Strompreise nur eine Richtung: nach oben. Kostete eine Kilowattstunde Strom 2002 noch 16 Cent, so zahlen Privatkunden heute im Durchschnitt 26 Cent – das ist gut 60 Prozent mehr. Mit der Energiewende lässt sich die Verteuerung nicht erklären, denn im gleichen Zeitraum erhöhten sich die Kosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien nur um gut 3 Cent pro Kilowattstunde. Mehr als zwei Drittel der Preiserhöhungen haben also nichts mit den erneuerbaren Energien zu tun!

Auch jetzt sind die steigenden Energiekosten auf Faktoren zurückzuführen, die jenseits des Ausbaus der Erneuerbaren Energien liegen und von der Bundesregierung selbst zu verantworten sind. Hauptpreistreiber im Strommarkt ist die Privilegierung der Industrie. Schwarz-Gelb hat den Kreis der Unternehmen, die von der EEG-Umlage befreit werden erheblich ausgeweitet. Alle anderen – also Privathaushalte und Mittelstand - müssen deshalb mehr zahlen. Im laufenden Jahr könnte die Umlage auf 3,7 bis 4,7 Cent pro Kilowattstunde steigen. Ohne die zusätzliche Befreiung läge sie lediglich bei 3 bis 3,5 Cent pro Kilowattstunde. Und das obwohl gerade die stromintensive Industrie durch den steigenden Anteil von Wind- und Solarstrom profitiert. Denn der Ökostrom senkt die Börsenpreise – im Jahr 2010 um 0,5 ct/kWh.

Stückwerk ist zudem das im Sommer neu eingeführte Instrument der Marktprämie für erneuerbar erzeugten Strom. Die Marktprämie ermöglicht den Ökostromproduzenten ihren Strom direkt an der Börse zu verkaufen und zusätzlich einen Aufschlag zu kassieren. Die Effekte für die Etablierung der Erneuerbaren Energien in den Markt bleiben bisher jedoch aus, die Kosten stiegen dennoch und heben die EEG-Umlage unnötig an – allein für 2012 ist mit Mehrausgaben von 500 Millionen Euro zu rechnen, ohne dass neue Anlagen gebaut werden.

Die Stromverbraucher teuer zu stehen kommt zudem die von Bundeswirtschaftsminister Rösler durchgesetzte Befreiung zahlreicher Industrieunternehmen von den Netzentgelten. Die dadurch hervorgerufene Einnahmelücke beträgt mehr als eine Milliarde Euro, die jetzt von Privathaushalten sowie kleineren und mittelständischen Unternehmen aufgebracht werden müssen.
Für die grüne Bundestagsfraktion steht fest, dass die kostenträchtigen Geschenke von Schwarz-Gelb an die Industrie zurückgenommen werden müssen. Außerdem brauchen wir endlich eine wirksame Kontrolle der Preisbildung. Immer noch ist es Großunternehmen möglich, Strompreise zu manipulieren. Obwohl dies alles bekannt ist, schafft es die Bundesregierung nicht - oder will es nicht schaffen - die Marktaufsicht wirksam zu verbessern und Verbraucherinnen und Verbraucher vor Abzocke zu schützen.

Der schwarz-gelbe Gesetzentwurf zur Einführung einer Markttransparenzstelle hilft nicht weiter. Sie schafft keine bessere Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger. Wirtschaftsminister Rösler will den Energiemarkt weiterhin nur passiv beobachten, anstatt wirksam das Gebaren der Energieversorger zu überprüfen. Transparenz soll es lediglich für Kartellamt und Netzagentur geben, die Energieverbraucher gehen leer aus. 

Und nicht zuletzt muss das Erneuerbare Energien Gesetz von den schwarz-gelben Zusatzkosten wie z. B. der Marktprämie wieder entlastet werden.

Artikel auf der Webseite der grünen Bundestagsfraktion

Kategorie

Energie | Grüne Wirtschaft