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29.01.07 –
Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg,
Beschluss des Landesvorstands am 29. Januar 2007
Einleitung
Brandenburg gehört mit einer Niederschlagsmenge von regional unter 500 mm im Jahr zu den niederschlagsärmsten und trockensten Gebieten Deutschlands. Große Teile der eiszeitlich geprägten Böden Brandenburgs sind sandig, so dass deren Wasserhaltekapazität gering ist. Der Wasserhaushalt wird zudem seit Jahrzehnten stark vom Braunkohletagebau beeinflusst.
Nach aktuellen Klimaszenarien werden sich in den nächsten Jahren die Niederschläge um 10-20% verringern und sich zugleich immer mehr in die Wintermonate verlagern, so dass den Pflanzen in der Vegetationsperiode nicht ausreichend Wasser zur Verfügung steht. Mit der abnehmenden Niederschlagsmenge verschärft sich das Problem der seit Jahren kontinuierlich sinkenden Grundwasserspiegel in Brandenburg.
Neben steigenden Temperaturen in Brandenburg werden im Rahmen von Klimaprognosen für den Oberlauf der Oder eine Zunahme von Starkniederschlagsereignissen vorausgesagt. Insgesamt ist eine dramatische Veränderung des Wasserangebots in Brandenburg zu befürchten.
Um die verschiedenen Wassernutzer auch in Zukunft mit Wasser in guter Qualität versorgen zu können, wirtschaftliche Schäden, wie z.B. Dürreschäden in der Landwirtschaft, zu minimieren, müssen Verbesserungen des Wassergesetzes darauf zielen, das Wasser verstärkt in der Landschaft zu halten. Zugleich muss der Hochwasserschutz angesichts zunehmender Extremereignisse neu ausgerichtet werden.
Die von der Landesregierung vorgelegte Novelle des Wassergesetzes erfüllt diese Ansprüche nur unzureichend und wirkt in einigen Ansätzen sogar kontraproduktiv. Dazu im Einzelnen:
Wasserkreislauf
Eine zentrale Zielsetzung des Wasserrechts muss es sein, Wasser so lange wie möglich in der Landschaft zu halten, um die Grundwasserneubildung zu fördern. Dafür müssen die im Gesetz enthaltenen Vorgaben für die Bewirtschaftung und Unterhaltung der Gewässer durch die Wasser und Bodenverbände so geändert werden, dass dieses Ziel erreicht werden kann. Das bisherige Bewirtschaftungsziel, Wasser so schnell wie möglich aus der Landschaft zu entfernen, muss aufgegeben werden.
Mit einem erweiterten Landesprogramm zur Renaturierung von Fließgewässern soll durch geeignete Maßnahmen deren Wasserabfluss so verlangsamt werden, dass die Wasseraufnahme der umgebenden Freiflächen verbessert wird.
Nach dem Entwurf der Gesetzesnovelle sollen zukünftig alle Flächen von landwirtschaftlichen- und Forstbetrieben bei der Umlagefinanzierung entlastet werden. Wir fordern hingegen, dass die Beiträge an die Wasser- und Bodenverbände entsprechend des Unterhaltungsaufwandes und dem damit erzielten finanziellen Vorteil belastet werden, d.h. Entlastung von Wald- und Naturschutzflächen, erhöhte Belastung von Landwirtschafts- und versiegelten Flächen.
Wir fordern, Flächenberegungen landwirtschaftlicher Kulturen tagsüber zu verbieten, um Wasserverluste durch Verdunstung zu senken. In Gemüsekulturen wäre es zweckmäßig, ausschließlich Tröpfchenbewässerung zuzulassen, da diese wesentlich effektiver und wassersparender ist. Auf keinen Fall dürfen weiterhin 93% des Beregnungswassers als wiedereingeleitet gelten; das Beregnungswasser muss vollständig mit den Regelkostensätzen des Wassernutzungsentgeltes belastet werden, um die Landwirtschaftsbetriebe zum Einsatz wassersparender Techniken zu motivieren. (§ 40 BbgWassergesetz).
Seit Jahrzehnten werden im Rahmen des Braunkohletagebaus große Mengen Sümpfungswässer abgepumpt und über die Spree abgeleitet; hierdurch wird der Grundwasserspiegel in der Lausitz weiträumig abgesenkt.
Durch den Rückgang des Braunkohletagebaus seit 1990 bedingt wird gegenwärtig weniger Grundwasser abgepumpt. Gleichzeitig wächst die Konkurrenz um das spärlicher werdende Wasserangebot; so werden für die Auffüllung der Tagebaurestlöcher in der Lausitz große Wassermassen benötigt, die Kahnfährleute im Spreewaldtourismus konkurrieren mit Teichwirten und Landwirtschaftsbetrieben mit Bewässerungskulturen um das zunehmend knapper werdende Gut Wasser.
Wir fordern daher, nicht nur die Pflicht zur sparsamen Verwendung von Wasser, sondern auch ein Minimierungsgebot bei der Entnahme von Wasser aus dem natürlichen Kreislauf in die Gesetzesziele aufzunehmen (§ 1 (2) BbgWassergesetz)
Es darf keine weitere Freistellung der Braunkohleindustrie von der Erhebung des Wassernutzungsentgelts geben. Gegenwärtig schenkt das Land Brandenburg dem Konzern Vattenfall weiterhin über 20 Mio. EUR jährlich für über 200 Mio. Kubikmeter abgepumpten Grundwassers. Nicht nur wegen seiner Klima- und die Kulturlandschaft zerstörenden Wirkung, sondern auch wegen der zerstörerischen Einwirkung auf den Wasserhaushalt ist der Ausstieg aus der Braunkohlewirtschaft überfällig.
Grundwasserentnahmen sind ab 100 Kubikmeter zu erfassen. Die geplante Freistellung bis zu einer Menge von 1000 Kubikmeter ist angesichts der durchschn. Sickerwasserneubildung (80 l/m2 pro Jahr) und des Klimawandels viel zu hoch (§ 54 BbgWassergesetz). Nach der EUWasserrahmenrichtlinie darf nicht mehr Grundwasser entnommen werden, als neu gebildet wird.
Die Regelsätze für das Wassernutzungsentgelt bei Grund- und Oberflächenwasserentnahmen sind gegenwärtig noch zu niedrig, um größere Lenkungseffekte entfalten zu können und müssen daher erhöht werden.
Umwelt- und Naturschutz, Wasserqualität
Die geplante Novelle des Wassergesetzes berücksichtigt von der EU vorgegebene Umweltziele nicht ausreichend, wie z.B. das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot der EUWasserrahmenrichtlinie (WRRL) (vgl. § 24 BbgWassergesetz).
Wir unterstützen die Forderung der Naturschutzverbände, die Vorgaben der EUWasserrahmenrichtlinie (Verschlechterungsverbot und Erhaltungsgebote) sowie die Definitionen künstlicher und erheblich veränderter oberirdischer Gewässer EU-rechtskonform in § 24 BbgWassergesetz aufzunehmen.
Da die EU-Wasserrahmenrichtlinie explizit den Schutz von wasserabhängigen Lebensräumen vorschreibt, fordern wir die Berücksichtigung von Uferstreifen, Auen, Nass- und Feuchtwiesen und Mooren im Gesetzestext. Diese sind wie die Gewässer in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen.
Die Novelle sieht eine Katasterführungspflicht für grundwassergefährdende Stoffe nur auf Anordnung vor. Wir fordern, die Informationspflicht für das Einbringen grundwassergefährdender Stoffe beizubehalten.
Das regelmäßige Anfüttern von Fischen führt zu einer Verschlechterung der Wasserqualität und ist zu unterbinden. Hältereinrichtungen müssen genehmigungspflichtig bleiben (§ 87 BbgWassergesetz).
Hochwasserschutz Technischer Hochwasserschutz - also der Schutz vor Überschwemmungen durch bauliche Maßnahmen - ist auch in Zukunft unverzichtbar, muss aber durch ökologische Komponenten ergänzt werden. Zur Schaffung von Retentionsflächen sind großräumige Deichrückverlegungen und die Anlage von Flutungspoldern unverzichtbar.
Das vorhandene Potenzial von Retentionsflächen ist bis heute nicht einmal annähernd ausgeschöpft.
Überflutungsflächen sollen ausschließlich aus Grünland- oder Naturschutzflächen bestehen, um Nährstoffeinträge in die Gewässer zu verringern. Die Mitwirkung der betroffenen Landwirte soll durch deren frühzeitige Einbeziehung in die Planung eines entsprechenden Flächenumwandlungsprogramms gewonnen werden.
§ 100c der vorgelegten Gesetzesnovelle fordert die Freihaltung des Deichvorlandes von Bewuchs.
Die Umsetzung dieser Bestimmung könnte die EU-rechtswidrige Vernichtung von Auwälder in diesen Bereichen herbeiführen. Wir fordern in Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie und Natura 2000 den Erhalt und die Neupflanzung von Auwäldern.
Das vorgesehene Verbot von Magerrasen auf Deichen halten wir für unsinnig. Durch die tiefe Verwurzelung der Magerrasenpflanzen ist er vielmehr als Deichrasen besonders geeignet. Zudem stellt Magerrasen einen nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU geschützten Lebensraum für viele Rote-Liste-Arten dar und darf nicht zerstört werden.
Bei der Ausweisung von Überschwemmungsgebieten (§ 31 BbgWassergesetz) ist die Öffentlichkeit zu beteiligen.
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