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Im Zuge des laufenden Strafprozesses gegen unseren ehemaligen Landesschatzmeister Christian Goetjes tauchen in den letzten Tagen vermehrt Fragen auf, die wir hier gern noch einmal beantworten wollen. Es entsetzt uns noch heute, dass und vor allem in welcher Art und Weise unser Vertrauen gegenüber Christian Goetjes von ihm mit einem hohen Maß an krimineller Energie ausgenutzt wurde. Der dadurch entstandene Schaden ist von immenser Höhe. Bedauerlicherweise wird unser Agieren als Partei dabei in einigen Zeitungsartikeln nicht ganz korrekt und vollständig wiedergegeben. Hier ein paar der Fragen, die uns in den letzten Tagen erreicht haben, und unsere Antworten darauf.
Wie konnte das passieren?
Entsprechend der Anforderungen des Parteiengesetzes wurden und werden die Parteifinanzen am Ende eines jeden Haushaltsjahres durch Rechnungsprüfer und externe Wirtschaftsprüfer überprüft. Christian Goetjes unterlief diese Kontrollen aber systematisch und gezielt, in dem er unter anderem Rechnungen fälschte und Überweisungen mit bewusst täuschenden Verwendungszwecken vornahm und diese in Sammelüberweisungen versteckte. Hierbei nutzte er aus, dass Überweisungen zu dem Zeitpunkt von einer Person alleine getätigt werden konnten und dass das von uns genutzte Online-Banking-System die Option der Sammelüberweisung beinhaltete, die auf den ersten Blick nicht erkennen ließ, wohin Überweisungen getätigt wurden. Die hohe kriminelle Energie von Christian Goetjes traf diesbezüglich auf ein ehrenamtliches Gefüge, das auch auf Vertrauen basiert und gezielt ausgenutzt wurde.
Gab es denn keine regelmäßigen Kontrollmechanismen innerhalb eines Haushaltsjahres?
Doch, der Landesvorstand hatte die Finanzregeln nach dem Landtagseinzug 2009 auch noch einmal erweitert. Dazu gehören etwa regelmäßige Kassenberichte im Vorstand und das Verbot von Barabhebungen. Diese Regelungen und Kontrollmechanismen wurden von Christian Goetjes mit hoher krimineller Energie umgangen. Zum Beispiel waren die vom Vorstand regelmäßig angeforderten Quartalsberichte sowie der Haushaltsplan des Landesverbandes für 2011 gefälscht. Zudem waren die Konten stets gedeckt und alle Rechnungen bezahlt - so dass das Konto nie im Minus war oder Mahnungen von Gläubigern auftraten.
Warum wurde das Vier-Augen-Prinzip nicht eingehalten?
Vor der Aufdeckung des Betrugs durch Christian Goetjes gab es zwar das Vier-Augen-Prinzip im Brandenburger Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen, allerdings nachgelagert durch die interne Rechnungsprüfung sowie die externe Wirtschaftsprüfung, die jeder Landesverbandshaushalt jedes Jahr durchlaufen muss. In diesen Prüfungen der Haushaltsberichte und -Entwürfe wurde nichts beanstandet.
Seit der Aufdeckung des Betrugs gilt ein strengeres Vier-Augen-Prinzip, alle Rechnungen werden von zwei verschiedenen Personen sachlich richtig gezeichnet. Zudem ist das Prinzip mittlerweile auch bei Onlineüberweisungen technisch umsetzbar und wird seitdem bei allen Kontobuchungen angewandt, d.h. jede Überweisung muss von zwei verschiedenen Personen bestätigt werden, bevor sie freigegeben ist.
Welche Maßnahmen wurden noch ergriffen, damit ein solcher Betrug nie wieder passieren kann?
Im Zuge der Aufklärung des Betruges haben wir Regelungen getroffen, welche die durch Christian Goetjes genutzten Lücken schließen, um die Partei vor finanziellem Missbrauch besser zu schützen. Dabei ist auch uns klar, dass man vor kriminellen Handlungen nie gefeit ist und die Arbeit in einer Partei immer auch auf Vertrauen basiert.
Die ergriffenen Maßnahmen sind:
Die Finanzregeln des Landesverbands wurden weiter verschärft. Zu den bereits bestehenden Regelungen wurden u.a. folgende Ergänzungen vorgenommen:
- Dem schon in der Finanzordnung des Landesvorstands verankerten Vier-Augen-Prinzip wird nun auch bei Online-Überweisungen Rechnung getragen, indem ein elektronischer Übertragungsstandard mit geteilter elektronischer Unterschrift (Doppelsignaturverfahren) eingeführt wurde.
- Sammelüberweisungen und Barabhebungen sind nicht mehr möglich.
- Einführung einer Stellvertretung für das Schatzmeisteramt.
- Der/die LandesschatzmeisterIn legt dem Landesvorstand halbjährlich einen Finanzbericht vor. Dieser umfasst: den Stand des laufenden Haushaltes, die gesammelten Kontoauszüge und Überweisungen sowie die aktuelle Buchungsübersicht, eine Übersicht über laufende Verträge sowie eine Inventarliste aller Ausstattungsgegenstände.
- Ein noch umfassenderer Finanzbericht auf dem Parteitag
Wieso haben Sie sich darauf eingelassen, von Christian Goetjes nur 65.000 Euro zurückzuerhalten?
Er hat ein notarielles Schuldanerkenntnis in Höhe von 292.728,76 Euro unterzeichnet. Damit haben wir zivilrechtlichen Anspruch auf die volle Summe, diese muss aber natürlich auch eingetrieben werden. Es war nicht davon auszugehen, dass auf diesem Weg überhaupt nur ein relevanter Teil des Geldes zu uns zurückkommt. Denn nach urkundlicher Bestätigung ist er mittellos, zudem hat er keine Berufsausbildung und wird geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Wenn er überhaupt in naher Zukunft etwas verdient, wird sein Einkommen wohl unterhalb der Pfändungsgrenze liegen. In dieser Situation hat er uns angeboten, ein Darlehen über 65.000 Euro im Familienkreis aufzunehmen, und uns diese Summe als Entschädigung zu zahlen. Wir haben uns für den Spatz in der Hand entschieden.
Unser Ziel war ein umfängliches Schuldanerkenntnis in voller Höhe. Zudem wollten wir die größtmögliche Summe wieder zurückzuholen und damit den Schaden für die Partei so gering wie möglich halten. Diese Entscheidung haben wir mit sehr viel Sorgfalt und nach intensiver juristischer Beratung getroffen.
Und wer hat das entschieden?
Wichtig war und ist uns, dass wir die zentralen Entscheidungen in den letzten eineinhalb Jahren gemeinsam und nach öffentlicher Diskussion getroffen haben – so, wie es unser bündnisgrüner Anspruch an parteiinterne und öffentliche Transparenz ist: Die Einleitung eines Zivilrechtsverfahrens gegen Christian Goetjes hat ein großer Parteitag im Dezember 2011 einstimmig beschlossen. Und auch über die Annahme der angebotenen 65.000 Euro hat die bündnisgrüne Parteibasis auf einem Parteitag in Schöneiche im April 2012 einstimmig entschieden.
Falls sich herausstellt, dass Christian Goetjes Sie und das Gericht über seine Einkünfte belogen hat, kündigen Sie die Vereinbarung auf und fordern wieder die Rückzahlung der vollen Summe?
Sollte sich herausstellen, dass Christian Goetjes zum Zeitpunkt der Vereinbarung nicht – wie von ihm eidesstattlich versichert – mittellos war oder sollten die Ratenzahlungen ausbleiben, haben wir wieder Anspruch auf die volle Summe von 292.728,76 Euro. Selbstverständlich würden wir in diesem Fall prüfen, ob auf diesem Weg eine höhere Summe als die 65.000 Euro eingetrieben werden kann. Zunächst gilt es aber, den laufenden Prozess sowie die nun eingeleiteten weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Christian Goetjes abzuwarten.
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