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Die Wirtschaft von morgen könne nicht länger auf dem gestrigen Konzept des unbegrenzten Wachstums beruhen, sagte Annalena Baerbock zum Auftakt der Konferenz. „Wir brauchen eine neue Wirtschaftsordnung, die stärker an den Prinzipien der Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und sozialer Gerechtigkeit ausgerichtet ist“. Der grüne Bundesvorsitzende Cem Özdemir ergänzte in seinem Impulsvortrag, wie dies konkret aussehen könne. Beispiel erneuerbare Energien: Hier stecke immenses wirtschaftliches Potenzial, das die aktuelle Bundesregierung mit ihrem Atomkurs, nicht nur ignoriere, sondern sogar torpediere. Statt die vier großen Energiekonzerne stärker in die Pflicht zu nehmen und den Ausbau der erneuerbaren Energien stärker zu fördern, lege sie auf die Forderungen von Vattenfall und Co. freiwillig noch eine Schippe obendrauf, indem sie die Haftungsregelungen für die AKW-Betreiber lockere.
Die bündnisgrüne Landtagsabgeordnete Sabine Niels widmete sich in ihrem Beitrag dem Thema CCS, also der Abscheidung und unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid, das nach den Plänen von Vattenfall direkt unter der Erde von Beeskow verpresst werden soll. Mit ihrer klaren Absage an die Technologie traf sie den Nerv der anwesenden Beeskowerinnen und Beeskower und CCS-GegnnerInnen, die mit Plakaten und Anti-CCS-Kreuzen seit Monaten gegen die Pläne des Energiekonzerns mobil machen. Nachdem die Landesvorsitzenden Annalena Baerbock und Benjamin Raschke Cem Özdemir symbolisch ein riesiges Anti-CCS-Kreuz überreicht hatten, ging es in die erste der insgesamt vier Diskussionsrunden.
Mit Handlungsoptionen für den Umbau der Industriegesellschaft beschäftigte sich das erste Panel. Hier debattierten Dr. Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Dr. Kurt-Christian Scheel vom Bundesverband der Deutschen Industrie und Ulrich und Ulrich Petschow vom Institut für ökologische Wirtschaftsförderung darüber, welche politischen Rahmenbedingungen eine nachhaltige Wirtschaft braucht. Fazit der Runde: Wir brauchen wieder mehr Mut und Visionen. Zugleich müsse die Wirtschaft von morgen auf einem nachhaltigen Wachstum beruhen. Inwieweit eine Gesellschaft mit Null- Wachstum möglich ist, blieb offen.
Wie nachhaltiges Wirtschaften konkret vor Ort aussehen kann, machten vier Beispiele aus der Praxis deutlich: So achtet die Stadt Ravensburg bei ihrem Einkauf von Produkten auch explizit auf ökologische und soziale Kriterien, wie Helfried Wollensak in seinem Vortrag erklärte: Dies reicht von unlackierten Bleistiften über energiesparende Computer bis hin zu Feuerwehrkleidung, die garantiert nicht von Kinderhand stammt. Ulrike Baumgärtner, Gemeinderätin aus Tübingen, berichtete von der Klimaschutzkampagne „Tübingen macht blau“. Hier habe sich durch ein umfangreiches Bündel von abgestimmten Einzelmaßnahmen viel in Sachen Klimaschutz getan. Beispielsweise fahre der grüne Oberbürgermeister Boris Palmer einen energiesparenden und klimafreundlichen Elektrosmart, die Stadtwerke sind umgestiegen auf Ökostrom und der Autoverkehr in der Innenstadt ist drastisch zurückgegangen. Wie sich ein ganzes Dorf vollständig selbst mit erneuerbarer Energie versorgen kann, zeigte Werner Frohwitter am Beispiel Feldheim, der ersten energieautarken Kommune Brandenburgs. Dr. Thomas Kröber von der Gläseren Molkerei Münchehofe illustrierte in seinem Praxisbericht, dass sich das Leitbild der Ökologischen Landwirtschaft bestens mit modernem Unternehmertum verbinden lässt.
Präsentationen zum Download:
Einen Schlagabtausch über die Wirtschafts- und Energiepolitik in Brandenburg lieferten sich der bündnisgrüne Fraktionsvorsitzende Axel Vogel, der Brandenburger Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Berlin-Brandenburg Doro Zinke sowie Dr. Manfred Wäsche von der Industrie- und Handelskammer Potsdam. Vor allen Dingen bei der Frage wie sinnvoll es ist Kohlendioxid in Brandenburg unter die Erde zu verpressen und damit die Laufzeit der Braunkohleverstromung künstlich zu verlängern, stand der Wirtschaftsminister allein auf weiter Flur. Doro Zinke wies in ihrem Statement darauf hin wie wichtig es sei, die vom Minister genannten Kriterien, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, nicht nur bei der Förderpolitik, sondern auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge stärker zu berücksichtigen.
Den Abschluss der Panels machte ein Streitgespräch zum Spannungsfeld erneuerbare Energien und Naturschutz. Hier saßen sich der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes Brandenburg Tom Kirschey und Jens Christen vom brandenburgischen Windkraftunternehmen Enertrag gegenüber und es zeigte sich, dass Naturschutz und der Ausbau erneuerbarer Energien keine Gegensätze sind, sondern sich sehr gut miteinander vereinbaren lassen, solang bestimmte Kriterien berücksichtig werden.
Annalena Baerbock zog zum Ende der Diskussionsrunden ein durchweg positives Fazit: „Die vielen guten Beispiele von vor Ort haben gezeigt, dass grüne Konzepte greifen – wir hoffen, dass Ralf Christoffers einige Impulse mit in sein Ministerium nehmen wird.“ Der Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg wird in den kommenden Monaten ein umfassendes Wirtschaftskonzept erarbeiten und dem Parteitag im Herbst 2011 vorlegen.
Den Ausklang dieses spannenden, kontroversen und sehr inhaltsreichen Tages bildete ein Sommerfest. Neben Leckereien vom Grill sorgte ein Jazzband dafür, dass sich die Gäste im Innenhof der Burg Beeskow austauschen und das ein oder andere Argument nochmals Revue passieren lassen konnten.
Die Fotos der Veranstaltung findet ihr hier und auf Facebook.
Deutsche Welle vom 15. September
Märkische Oderzeitung (MOZ), Ausgabe vom 13. September
Kommentar in der MOZ vom 13. September
Interview mit Annalena Baerbock in der Lausitzer Rundschau vom 10. September
Zu guter Letzt möchten wir uns ganz herzlich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die tolle Konferenz bedanken! Wir freuen uns schon auf die nächste Grüne Sommerkonferenz 2011, dann zum Thema Bildung.