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Die bündnisgrüne Landtagsabgeordnete Ursula Nonnemacher spricht im Brandenburger Landtag zum Antrag von Koalition und Bündnisgrünen "Auf das Flughafenasylverfahren verzichten - Flughafenasylverfahren abschaffen!"
Ganz nach dem Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden" bringen wir heute einen Antrag ein, mit dem auf das Flughafenasylverfahren verzichtet werden soll. Das Flughafenasylverfahren nach § 18a Asylverfahrensgesetz schränkt das Grundrecht auf Asyl massiv ein. Menschen, die ohne gültige Papiere einreisen und einen Asylantrag stellen wollen, werden an der Einreise gehindert. Innerhalb kurzer Fristen wird im Schnellverfahren über den Asylantrag entschieden.
Als prominentes Beispiel für einen Asylsuchenenden verweise ich auf den Namenspatron des Flughafens Willy Brandt – er hat einst Schutz in Norwegen gesucht und auch erhalten. So wie es damals Willy Brandt erging geht es vielen Asylbewerbern heute: im eigenen Land unerwünscht, verfolgt und auf der Flucht, oft sind sie traumatisiert, haben Haus und Hof verloren und auch ihre Familien. Dennoch wird von ihnen verlangt, dass sie nicht nur in der kurzen Zeit von zwei Tagen einen lückenlosen Ablauf der Ereignisse schildern, sondern alle möglichen Unterlagen beibringen, deren Beschaffung realistischerweise mehrere Monate in Anspruch nehmen würde. Da sie das Unmögliche zu leisten nicht imstande sind, wird ihnen die Durchführung des Asylverfahrens verweigert und somit jegliche Hoffnung auf Schutz und Hilfe genommen.
Zutreffend führen die Wohlfahrtsverbände in ihrer Pressemitteilung aus, es sei schlicht unmöglich, die Unterlagen beizubringen. Das Flughafenverfahren wird von Experten als hastig, unfair, mangelhaft und auch als rechtsstaatswidrig bezeichnet. Unter dem Druck der Fristen ist die notwendige Sorgfalt und eine umfassende Sachverhaltsaufklärung nicht zu leisten. Ein effektiver Rechtsschutz mit dem Zugang zu Rechtsanwälten und einer unabhängigen Beratung ist im Flughafenverfahren nicht gegeben. So sind die Fristen zum Einlegen von Rechtsmitteln sehr kurz und Abschiebungshindernisse werden regelmäßig nicht umfassend geprüft. In einer gemeinsamen Stellungnahme der Menschrechtsverbände, Kirchen und Flüchtlingsräte vom 20. Januar 2012 wird darauf verwiesen, dass die Ablehnung von Eilrechtsanträgen durch das Gericht bereits ohne schriftliche Begründung rechtskräftig werde, so dass die Betroffenen abgeschoben werden können, bevor sie die Möglichkeit erhalten, weiteren Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Das Verfahren ist für die Schutzsuchenden extrem belastend und fehleranfällig. So wurden Asylanträge von Menschen aus Eritrea als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Danach stellte sich jedoch heraus, dass sie doch begründet waren – die Menschen waren indes bereits abgeschoben.
Auch auf der EU-Ebene steht das deutsche Flughafenasylverfahren momentan auf dem Prüfstand. Und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 2. Februar 2012 festgestellt, dass ein Asylschnellverfahren den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verletzen könne. Darüber hinaus hat der UNO-Ausschuss gegen Folter Deutschland aufgefordert, Asylbewerbern bereits vor der Anhörung durch die Asylbehörden Zugang zu unabhängiger, qualifizierter und unentgeltlicher Rechtsberatung zu garantieren.
Mittels einer Bundesratsinitiative können wir dazu beitragen, dass nicht nur in Berlin, sondern auch auf keinem anderen Flughafen unserer Republik Menschen solch ein Schnellverfahren durchlaufen müssen. In Schönefeld werden aktuell jährlich zwei bis vier Flughafenverfahren durchgeführt, ähnlich gering ist die Anzahl der Verfahren in Hamburg, München und Düsseldorf. Da frage ich mich: wieso wird nun mit 300 Fällen pro Jahr gerechnet und warum werden allein am BER 30 Unterbringungsplätze vorgehalten?
Menschrechtsverbände, Kirchen, Flüchtlingsräte und auch wir GRÜNEN fordern seit Jahren die Abschaffung des Flughafenverfahrens, da es sich in humanitärer Hinsicht aber auch in der rechtlichen Qualität von dem Asylverfahren, dass Flüchtlinge im deutschen Inland durchlaufen, deutlich unterscheidet. Wir möchten diesen Menschen gern die Chance auf ein ordentliches Asylverfahren geben, sie also als Gäste bei Freunden empfangen!
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