05.06.25 –
Eines der ältesten Vielfaltsprojekte an Schulen in Deutschland, "Bildung unterm Regenbogen" in Brandenburg, steht vor dem Aus. Anders als häufig angenommen, ist das Hauptproblem dabei nicht eine aktuelle Kürzung der Mittel. Das Grundproblem liegt vielmehr in einer strukturell unzureichenden Ausstattung seit jeher und in einer Förderlogik, die an der schulischen Realität im Bereich queerer Bildung komplett vorbeigeht.
„Seit Einführung der neuen Förderrichtlinie 2022 erleben wir eine strukturelle Fehlsteuerung, die queere Bildungsarbeit systematisch ausbremst“, erklärt Dr. Andrea Lübcke, Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen. „Statt nachhaltiger pädagogischer Arbeit mit langfristiger Wirkung sollen queere Projekte zu reinen Workshop-Dienstleistern umfunktioniert werden – ohne Rücksicht auf Qualität, personelle Ressourcen oder pädagogische Tiefe. Die Zahl der Veranstaltungen wurde verdoppelt, die Förderung blieb auf niedrigstem Niveau. Das ist keine verantwortungsvolle Bildungspolitik – das ist eine Abwicklung durch Überforderung bei den vor allem durch Ehrenamtliche getragenen Projekte.“
„Was wir erleben, ist nicht nur bürokratische Kälte, sondern ein queerpolitischer Unwille im Ministerium“, sagt Lübcke: „Seit dem Amtsantritt von Minister Freiberg soll es kein einziges Gespräch auf Ministerebene zum Thema queere Bildung mehr gegeben haben – das ist ein fatales Signal.“
Schätzungen zufolge sind 5–10 % der Jugendlichen in Brandenburg lsbtiq*. Viele leben ihre Identität bereits während der Schulzeit offen – ein ermutigender Fortschritt, der jedoch auch mit einem deutlichen Anstieg von Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt einhergeht. Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts aus dem Jahr 2015 belegt: Mehr als die Hälfte der betroffenen Jugendlichen wurde an Schulen aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität beleidigt oder ausgegrenzt.
Surani Loibl, vielfaltspolitische Sprecherin der Brandenburger Bündnisgrünen, erklärt: „Schulen müssen ein sicherer Ort für alle Kinder und jungen Menschen sein! Angstfreies Lernen braucht Haltung der Erwachsenen. Der immer weiter anwachsenden Queerfeindlichkeit können wir nur mit Bildung begegnen. In einer Zeit, in der sich Hass, Hetze und Einschüchterung immer weiter Bahn brechen, sollten wir denen die Hand reichen, die an vorderster Stelle für ein gemeinsames Miteinander einstehen.“
Ein Blick nach Berlin zeigt, wie groß der Handlungsbedarf ist – aber auch, wie spät dort reagiert wurde: Erst nachdem ein schwuler Lehrer monatelang an einer Schule gemobbt wurde, kündigte die Schulaufsicht an, künftig stärker mit queeren Bildungsprojekten zusammenzuarbeiten. Dass eine solche Entwicklung erst nach massivem Leidensdruck eingeleitet wird, ist ein Armutszeugnis – aber auch ein deutliches Warnsignal für Brandenburg.
Dabei verpflichten das Brandenburger Schulgesetz und die Landesverfassung ausdrücklich dazu, niemanden aufgrund seiner sexuellen Identität zu benachteiligen. Projekte wie Bildung unterm Regenbogen leisten hierzu seit Jahren unverzichtbare Pionierarbeit. "Eine nachhaltige, verlässliche Förderung wäre daher nicht nur ein Akt der Anerkennung – sondern auch eine Investition in die demokratische Zukunft unserer Schulen", so Lübcke.
Seit über 30 Jahren fördert Bildung unterm Regenbogen Akzeptanz und Sichtbarkeit für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und queere (lsbtiq*) Jugendliche in Brandenburg – getragen vor allem durch ehrenamtliches Engagement.
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