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Mit der Nachricht über eine Fabrikansiedlung bei Grünheide überraschte die Brandenburger Staatskanzlei und das Wirtschaftsministerium zum Jahresende 2019 viele. So waren im Laufe des Sommers Verhandlungen zwischen der Brandenburger Wirtschaftsförderung und dem Unternehmen Tesla gelaufen, an deren Ende die Standortentscheidung für ein Automobilwerk in Grünheide (Oder-Spree) fiel.
Rund um die Realisierung dieses Werks, aber auch mit seinem zukünftigen Betrieb, dem täglichen Pendeln der Mitarbeiter*innen, dem Lieferverkehr und zur Entwicklung der Region gibt es viele Fragen.
Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben uns am 7. Dezember bei unserer Landesdelegiertenkonferenz grundsätzlich positioniert. Für die Fragen zum laufenden Verfahren haben wir hier unsere Positionen kurz zusammengefasst.
Stand: 19.02.2020
Wir von Bündnis 90/Die Grünen wollen Brandenburg erneuern. Brandenburg soll ein Standort für moderne Mobilität und innovative Technologie werden. Wir wollen Arbeitnehmer*innen ein attraktives Berufsumfeld bieten. Mit der Ansiedlung des E-Auto-Herstellers Tesla sehen wir gute Chancen dies zu verwirklichen.
Brandenburg steht ebenso für Artenvielfalt und eine reiche, regional typische Natur. Für jede Ansiedlung von Unternehmen, für jedes Bauvorhaben dieser Größe, gelten die gleichen, strengen Umweltauflagen des Landes. Deren Einhaltung ist für uns entscheidend, nur mit einer guten Planung kann die Umsetzung gelingen. Wir setzen daher auf den Dialog zwischen Tesla, Anwohner*innen, Ministerien und Behörden sowie den Umweltverbänden. Wir gehen nach Stand der aktuellen Planung davon aus, dass es hier gelingen kann eine moderne Fabrik anzusiedeln und eine Region nachhaltig zu entwickeln.
Auf unserer Landesdelegiertenkonferenz am 7. Dezember 2019 haben wir uns zu Tesla positioniert.
Grundwasser ist ein kostbares Gut. Versorgungssicherheit und beste Qualität sind für die Menschen vor Ort immer zu garantieren. Der Wasserbedarf, ebenso wie die Abwassermenge, benötigt eine Anpassung der Versorgungsinfrastruktur. Laut Informationen der zuständigen Behörden ist dies mit den vorhandenen Wasserressourcen möglich. Für die erste Ausbaustufe müsste die Verteilung der Wasserförderung auf den unterschiedlichen Brunnen angepasst werden. Gleichzeitig prüft Tesla wie Wasser im Produktionsprozess eingespart werden kann. Dies ist z.B. bei der Kühlung verschiedener Prozesse möglich. Genehmigt wird die Wasserentnahme von der unteren Wasserbehörde. Sie stützt sich auf die Erkenntnisse und das Wissen des Landesumweltamtes. Für uns ist wichtig, dass vor der Realisierung weiterer Ausbaustufen geklärt ist, woher die dafür benötigten Wassermengen kommen sollen.
Bei Grünheide soll auf einem 300 Hektar großen Areal eine Automobilfabrik entstehen. Das Gelände ist seit Jahren als Industriefläche im Flächennutzungsplan ausgewiesen. Der dort stehende Wald würde für jede Form der Firmenansiedlung weichen müssen. Konkret sollen 154 Hektar Wald gerodet werden. Sie bestehen zu über 90% aus monokulturellem Kiefernforst. Die beantragte Fällung von Kiefernforst in einem als Industriegebiet ausgewiesen Bereich ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Bei jeder Rodung für Neubauprojekte müssen im Verhältnis 1:1 Neuanpflanzungen vorgenommen werden. Die Firma Tesla hat sich dazu bereit erklärt die zu rodende Fläche in dreifacher Größe aufzuforsten. Statt bisherigem artenarmen Kiefernwald sollen artenreiche Mischwälder entstehen. Entsprechende Flächen für die verbindliche Aufforstung bzw. die freiwillige Nachpflanzung von Laubbäumen in Monokulturen wurden schon mit der Flächenagentur des Landes festgelegt.
Brandenburg ist bekannt für seinen monostrukturierten Kiefernforst. Doch diese Form von Wald gerät mit trockenen Sommern immer mehr unter Druck. Um unseren Wald langfristig zu schützen und Artenvielfalt zu erhalten, wollen wir den Landeswald von reinen Kiefernwäldern zu Mischwäldern umbauen. Die von Tesla angedachten Maßnahmen gehen ebenfalls in diese Richtung. Sie werden u.a. von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald begrüßt
Die Brandenburger Umweltverbände begleiten das ganze Verfahren kritisch, mehr Informationen finden Sie unter:
www.brandenburg.nabu.de
www.bund-brandenburg.de
www.sdw-brandenburg.de
www.grueneliga-brandenburg.de
In der ersten Ausbaustufe will Tesla bis zu 3000 Arbeitsplätze in Grünheide schaffen, dies sind im Schichtbetrieb bis zu 12.000 Arbeitnehmer*innen die täglich ins Werk pendeln werden. Ein enormes Wachstum beim Verkehrsaufkommen, welches nicht durch ein Verkehrsmittel allein zu bewältigen ist. Aktuell laufen die Planungen für mögliche Anbindungen, verschiedene Optionen werden für die umliegenden Orte und bestehende Verkehrsmittel geprüft. Klar ist schon heute: es braucht einen Ausbau des Regionalbahnhofs Fangschleuse und mehr Zugverbindungen und Kapazitäten auf dem RE1. Nicht alle Arbeitnehmer*innen werden aus der unmittelbaren Umgebung kommen und sich dort häuslich niederlassen. Aber auch an ihren Arbeitsweg muss gedacht werden: innovativen Ideen, wie einem Radschnellweg von Erkner nach Grünheide, stehen wir offen gegenüber.
Die Region muss sich jetzt entscheiden, wie sie sich entwickeln will und entsprechende Debatten mit den Bürger*innen führen. Für uns ist klar: Der Ausbau von Bahnverbindungen und Bussen muss Vorrang haben vor dem Ausbau von weiteren Straßen und Parkplätzen. Dafür werden wir uns innerhalb der Koalition einsetzen.
Derzeit liegen laut Landesregierung Anträge für die erste Ausbaustufe des Werks vor. Diese Ausbaustufe ist die Grundlage für alle abgeschlossenen und laufenden Genehmigungsverfahren und Berechnungen. Tesla könnte das Werk bis zur Stufe vier (also viermal so groß) ausbauen. Jede der Ausbaustufen braucht jedoch ein eigenes Verfahren, sprich detaillierte Anträge von Tesla und Genehmigungsverfahren in allen Punkten, wie z.B. Wassersicherheit. Durch die schnelle Realisierung würde eine neue Ausbaustufe erst nach Inbetriebnahme der aktuellen geplant werden können. Das heißt, die realen Auswirkungen der aktuellen, ersten Ausbaustufe würden die Grundlage für weitere Ausbaustufen bilden. Grundsätzlich stellt sich die Frage wie weit wir zulassen wollen, dass auch das Areal um Tesla herum wächst und ob wir mit einem zu schnellen, zu großen Ausbau nicht früher oder später an die Grenzen der natürlichen Ressourcen kommen, wie z.B. beim Thema Wasser. Dieser Diskussion um die Grenzen des Wachstums werden wir uns als Bündnisgrüne nicht verschließen und diese konkret für Tesla ergebnisoffen führen, sobald dies notwendig wird.
Auch in monokulturellem Kiefernwald leben viele Tiere und Arten. Manchen Tieren fällt es leicht sich neue Lebensräume zu suchen oder sie können den artenarmen Wald als Futterquelle leicht kompensieren. So können beispielsweise Rehe, Hirsche und anderes Wild selbst woanders hinlaufen. Fledermäuse, Reptilien sowie Ameisenstaaten und anderen Insekten und Kleinsttieren ist dies nicht möglich. Sie müssen vor Baubeginn gesucht und dann schonend an andere Orte umgesiedelt werden. Uns ist wichtig, dass diese Arten hochwertige neue Lebensräume erhalten und sie entsprechend ihres Lebensrhythmus umgesiedelt werden. Gerade der Übergang von Winter auf Frühjahr hat hier aus Sicht des Tierschutzes bestimmte Vorteile und birgt ebenso Risiken. Die Zusammenarbeit mit den anerkannten Naturschutzverbänden, mit ihrer langjährigen hohen Kompetenz für Brandenburgs Flora und Fauna, ist für uns dabei maßgeblich. Wir werden bei aller Schnelligkeit des Verfahrens sorgfältig darauf achten, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur Umsiedlung und zum Tier- und Naturschutz auch eingehalten werden. Dabei dürfen für Tesla keine Ausnahmen zu Lasten des Tierschutzes gemacht werden.
Uns ist wichtig, dass alle naturschutzrechtlichen Auflagen erfüllt werden. Da das Genehmigungsverfahren für Tesla sehr viele Aspekte umfasst, können wir nachvollziehen, wenn es von Bürger*innen und Verbänden dazu Fragen gibt. Wir Brandenburger Bündnisgrünen stehen für einen starken Rechtsstaat. Daher können alle Verbände von ihrem Recht gebrauch machen und Einspruch erheben. Nach der Prüfung durch die Gerichte wissen wir mehr, daher warten wir deren Entscheidung ab.
(Stand 19.02.2020)
Ausführliche Informationen zum Projektablauf hat die Landesregierung hier zusammengestellt: www.brandenburg.de
Aktuelle bündnisgrüne Infos und eine Übersicht zu Pressemeldungen gibt es hier:
www.gruene-oder-spree.de/tesla-tracker/