14.05.25 –
Auf der 3. länderübergreifenden Wasserkonferenz der IHK am Dienstag in Berlin kündigte Gregor Beyer, Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz (MLEUV), ein sogenanntes „Artikelgesetz zum Bürokratieabbau“ an. Staatssekretär Beyer schob in seiner Rede auf der Konferenz die Verantwortung für langsame Genehmigungsverfahren maßgeblich den Umwelt- und Naturschutzregelungen zu – insbesondere den Anforderungen aus Natura-2000-Gebieten. Die angekündigten Gesetzesänderungen gehen offenbar gezielt in Richtung Einschränkung von Umweltstandards und Mitwirkungsrechten von Naturschutzverbänden.
Dazu erklärt Dr. Andrea Lübcke, Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen: „Unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus erleben wir den nächsten gezielten Angriff auf den Naturschutz in Brandenburg. Statt Verfahren zu verbessern, sollen Schutzrechte beschnitten werden – ein brandgefährliches Signal angesichts des dramatischen Artensterbens.“
Kritikpunkt: Bürokratieabbau zu Lasten des Gemeinwohls
Es hat den Anschein, dass der angekündigte Bürokratieabbau in seiner derzeitigen Form vorrangig wirtschaftlichen Interessen – nicht dem Umwelt- oder Gemeinwohl – dient, meint Lübcke. Eine echte Verwaltungsvereinfachung darf jedoch nicht zulasten von Umweltstandards, Bürgerrechten oder demokratischen Beteiligungsformen gehen. Wer Umweltrecht schleift, schwächt nicht nur den Naturschutz, sondern auch die öffentliche Kontrolle über politisches Handeln.
Naturschutz ist kein Hemmschuh – sondern eine Investition in unsere Zukunft
Ein funktionierender Natur- und Umweltschutz ist kein romantisches Ideal, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Wenn unsere natürlichen Lebensgrundlagen weiter zerstört werden, entstehen enorme Folgekosten – durch sinkende Erträge, Hochwasserschäden, Bodendegradierung oder den Verlust von Bestäubern. Der Schaden, den der Verlust der Artenvielfalt verursacht, wird bislang vollständig ignoriert – bezahlt wird er von künftigen Generationen.
„Viele haben vielleicht kein persönliches Verhältnis zu dem kleinen Schmetterling, der da flattert – oder eben nicht mehr flattert. Aber jeder versteht, was es bedeutet, wenn am Ende die Rechnung für zerstörte Natur und instabile Ökosysteme bezahlt werden muss. Deshalb ist es im ureigenen Interesse von uns allen, Natur- und Umweltschutz bei allen Planungen mitzudenken“, so Lübcke.
Einseitige Ausrichtung auf Agrarinteressen: Umweltverbände außen vor – Landnutzerlobby im Gespräch
Das Ministerium hat bereits intensive Gespräche mit einschlägigen Verbänden aus der Landnutzerlobby geführt. Umwelt- und Naturschutzverbände blieben bislang außen vor. Das Ministerium, in dem Gregor Beyer Staatssekretär ist, heißt nicht zufällig Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz. Es ist auch ein Umweltschutzministerium – nicht nur ein Landwirtschaftsministerium. „Wer den Naturschutz auf diese Weise als Verhinderungsinstanz darstellt, verkennt den eigenen Auftrag und das Gleichgewicht der Zuständigkeiten im Haus. Umwelt- und Landwirtschaftspolitik müssen gemeinsam gedacht und verantwortungsvoll ausbalanciert werden – nicht gegeneinander ausgespielt“, fordert Lübcke.
Beyer war vor seinem Wechsel ins Ministerium Geschäftsführer des umstrittenen Lobbyvereins „Forum Natur“. Dieser vertritt Interessen aus Land- und Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei – jedoch nicht die Belange von Natur- und Umweltschutz. „Was wir erleben, ist Klientelpolitik auf Kosten der natürlichen Lebensgrundlagen. Die Umwelt wird geopfert, damit wenige profitieren“, so Lübcke.
Anhörung ohne Umweltverbände ist inakzeptabel
Am 16. Mai 2025 steht im Sonderausschuss Bürokratieabbau der Entwurf des „4. Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung in den Bereichen Landnutzung und Umwelt“ (Drucksache 8/956, eingebracht von SPD und BSW) auf der Tagesordnung. Eine mündliche Anhörung ist für den 6. Juni 2025 geplant. Die Bündnisgrünen fordern, dass Umweltverbände zwingend in die Anhörung eingebunden werden. Aktuell ist das angesichts der parteipolitischen Mehrheiten im Landtag nicht gesichert. Keine der regierungstragenden Parteien hat den Umwelt- und Naturschutz klar auf ihrer Agenda.
Warum Umweltschutz kein Luxus ist
Der Schutz von Wasser, Boden, Artenvielfalt und natürlichen Lebensräumen darf nicht verhandelbar sein. Er bildet die Grundlage für unsere Gesundheit, für funktionierende Ökosysteme und für die Zukunft unserer Landwirtschaft. Klimakrise und Biodiversitätsverlust lassen sich nicht mit weniger Schutz, sondern nur mit konsequenterem Handeln bewältigen.
……………
Mehr Informationen
Gesetzentwurf zur Verwaltungsvereinfachung in den Bereichen Landnutzung und Umwelt
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/drs/ab_0900/956.pdf
TO Sitzung des Sonderausschusses Bürokratieabbau
https://www.landtag.brandenburg.de/de/termine/4._(oeffentliche)_sitzung_des_sonderausschusses_buerokratieabbau/43195
Kategorie
Treffen der LAG Europa, für Rückfragen gern an die Sprecher*innen wenden.
Falls Du teilnehmen möchtest, melde dich gerne bei unseren Mitgliederbeauftragten Tammo Westphal (tammo.westphal@gruene-brandenburg.de)