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Eine neue Landwirtschaftspolitik für Brandenburg
Die Landwirtschaft prägt seit Jahrhunderten die Landschaft unseres Landes wie kein anderer Wirtschaftszweig. Sie hat in Zeiten der „sozialistischen Landwirtschaft“ die in früheren Jahrhunderten geschaffene Kulturlandschaft gravierend geschädigt. Sie beeinträchtigt den Wasserhaushalt, das Kleinklima und die Artenvielfalt.
20 Jahre nach der Wende haben sich neue Landwirtschaftsstrukturen in Brandenburg gefestigt. Hocheffiziente, zumeist konventionelle Groß- und Mittelbetriebe dominieren die landwirtschaftliche Bodennutzung. Kleinbäuerliche Betriebe haben dagegen nur in Nischen Fuß fassen können.
Die Bedeutung der Landwirtschaft und der Veredelung landwirtschaftlicher Produkte für die wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Raum könnte wesentlich höher sein als gegenwärtig. Aber die Potentiale einer personalintensiven und umweltverträglichen ökologischen Landwirtschaft werden von der Landesregierung bis heute verkannt, der Bedarf des großen „Ökoabsatzmarktes“ Berlin wird bis heute nur rudimentär befriedigt. Wegen unzureichender Förderung bleibt der Ökolandbau weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. In der Bundespolitik steht die Landesregierung konsequent auf Seiten des Agrobusiness und der industriellen Massentierhaltung, kämpft für Hühnerkäfige und Minischweinekoben und hat das geplante Verbot des Ackerbaus in Überflutungsflächen „erfolgreich“ verhindert. Von modernen Ansätzen keine Spur. Die Chancen des Landes werden hier förmlich verschlafen.
Wir Bündnisgrüne stehen dagegen für moderne Konzepte einer nachhaltigen, ökologisch ausgerichteten und tierschutzgerechten Landwirtschaftspolitik.
Für eine Ökologisierung der Landwirtschaft
Landwirtschaft muss auch späteren Generationen noch möglich sein. Eine Landwirtschaft, die von der Substanz lebt und Humusabbau durch Wind und Wassererosion, durch Übernutzung oder Vernichtung der Bodenlebewesen zulässt, hat keine Zukunft. Wichtigstes Ziel bündnisgrüner Agrarpolitik ist es daher, Landwirtschaft nachhaltig zu gestalten. Deswegen sind unsere agrarpolitischen Entscheidungen auf die Ökologisierung der Landwirtschaft gerichtet. Dazu wollen wir nicht nur den Anteil des Ökolandbaus an der landwirtschaftlichen Nutzfläche erhöhen, sondern auch erreichen, dass die Landwirtschaft auf der gesamten Fläche umweltverträglich und naturschutzgerecht betrieben wird. Wir wollen alle Landnutzer belohnen, die sauberen Boden, gesunde Pflanzen (frei von chemischen Rückständen), gesundes Wasser und ohne gentechnisch veränderte Organismen (GVO) produzieren. Für die Verarbeitung vor Ort (Milch u.a.) werden wir die finanziellen Spielräume schaffen, damit die Wertschöpfung vor Ort bleibt.
Die Reform der europäischen Agrarpolitik hat im Jahr 2005 eine grundlegende Neuausrichtung der Agrarpolitik eingeleitet. Durch die so genannte Entkoppelung werden die Direktzahlungen an die Landwirte nicht mehr für den Ertrag, sondern für die Bewirtschaftung der Nutzfläche gezahlt. Dabei entscheiden die Landwirte selbst nach den Gewinnerwartungen, was angebaut wird. Diese Wiedereinführung der Marktwirtschaft in die Landwirtschaft hat eine Reihe ökonomischer und auch ökologischer Vorteile mit sich gebracht. Allerdings bringt die Orientierung an der gewinnbringendsten Kultur auch die Gefahr einer Vereinheitlichung und Verarmung der Fruchtfolgen mit sich. Dies zeigt der Trend zum Grünlandumbruch und zum verstärkten Anbau von Mais, der mit Verstößen gegen eine gute landwirtschaftliche Praxis einhergehen kann.
Wenn man für eine umweltgerechte Landwirtschaft sorgen will, kann man bei der einheitlichen Flächenprämie allein also nicht stehen bleiben. Es bedarf mehrerer und besserer ergänzender Agrarumweltprogramme, die besonders ökologische Wirtschaftsweisen fördern. Dazu sind die Agrarfördermittel stärker in diese Agrarumweltprogramme umzulenken (Modulation). Außerdem brauchen wir vielfältigere Fruchtfolgen, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Die Fruchtfolgen sollten auch fast vergessene Kulturpflanzen berücksichtigen, um durch Vielfalt Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Sonst kann die Landwirtschaft der Herausforderung, eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und gleichzeitig klimaschädliche Emissionen zu vermindern, nicht gerecht werden.
Im Rahmen der an die Einhaltung von Umweltstandards gebundenen Prämienzahlungen (Cross Compliance) ist die „gute fachliche Praxis“ stärker am Erhalt und Schutz der Naturgüter auszurichten. Dabei sind die Vorgaben der FFH-, Vogelschutz- und Wasserrahmenrichtlinie der EU konsequent in die Definition der „guten fachlichen Praxis“ einzuarbeiten.
Den Ausbau des ökologischen Landbaus wollen wir wegen seiner Vorbildwirkung als nachhaltige Form der Landbewirtschaftung besonders unterstützen. Die gesellschaftlichen Leistungen, die der Ökolandbau durch umweltschonende Bewirtschaftung und Arbeitsplatzintensität erbringt, müssen durch eine verbesserte Förderung angemessen honoriert werden. Auch die Prämien für die Umstellung auf den Ökolandbau müssen angehoben und verstetigt werden. Während die Nachfrage nach Bioprodukten in Berlin und Brandenburg rasant angestiegen ist, stagnierte die ökologisch bewirtschaftete Fläche. Brandenburg hat hier eine hoffnungsvolle Entwicklung förmlich verschlafen. Marktanteile, die an Produzenten im Ausland abgewandert sind, müssen nun mit erheblichen Anstrengungen zurück gewonnen werden.
Landwirtschaft als Energiewirtschaft
Landwirtschaft ist heutzutage mehr als der Anbau von Getreide, Obst und Gemüse. Mehr und mehr produzieren die Landwirte auch Biomasse zur Energiegewinnung und werden so zu Energiewirten. Doch diese Entwicklung ist nicht nur positiv zu sehen: Überdimensionierte Biogasanlagen führen zu großflächigen Maismonokulturen und intensivierter Massentierhaltung. Großanlagen zur Gewinnung von Biodiesel oder für die Verbrennung von Biomasse sind alles andere als nachhaltig, weil die Biomasse von weit her angeliefert werden muss. Verstromung vor Ort ohne Kraft-Wärme-Kopplung vergeudet unnötig Energie.
Diese Situation wollen wir gründlich ändern! Wir Bündnisgrüne setzen uns daher für eine nachhaltige und effiziente Bioenergieproduktion ein. Dabei soll die Biomasse regelmäßig im Rahmen einer Kaskadennutzung vor der energetischen Nutzung zunächst als Lebens- und Futtermittel oder stofflich genutzt werden. Die Gärsubstrate sollen wieder auf die Felder ausgebracht werden, um die Nährstoffe zurückzuführen und zur Humusreproduktion beizutragen. Grundsätzlich muss die Biogasgewinnung in das Betriebskonzept eines Landwirtschaftsbetriebes oder einer Betriebsgemeinschaft eingebettet sein. Biomasse als Energieträger muss aus nachhaltigem, regionalem Anbau stammen. Soweit sie der Stromgewinnung dient, darf sie nur in dezentralen Kraftwerken genutzt werden, die zugleich Strom und Wärme produzieren (Kraft-Wärme-Kopplung). Für Biogas sind die Voraussetzungen zur Einspeisung in das Erdgasnetz zu schaffen.
Für eine leistungsfähige Agrarforschung und -beratung
Für eine Ökologisierung der Landwirtschaft brauchen wir eine leistungsfähige Agrarforschung. Sie muss sowohl für den Ökolandbau als auch für die umweltfreundliche Fortentwicklung des konventionellen Landbaus das notwendige Know-How liefern. Die Kompetenz der Agrarforschungseinrichtungen in Brandenburg wollen wir daher nicht nur erhalten, sondern ausbauen. Dies gilt auch für die fachliche Beratung für Landwirte, mit der die neuen Erkenntnisse in die Praxis vermittelt werden.
Fruchtbare Landschaften für Brandenburg
Großflächig ausgeräumte Landschaften führen zu einem Verlust an natürlicher Bodenfruchtbarkeit, zu einer Verarmung der Artenvielfalt und zu einer ökologischen Instabilität der Ökosysteme.
Agrarwüsten mit großen Schlägen und ohne Hecken und Feldgehölze sind jedoch nicht nur für den Arten- und Naturschutz ein Problem, sondern auch für den Wasserhaushalt und den Bodenschutz. Denn die Äcker sind so der Austrocknung durch Wind und Sonne und der Erosion durch Wind und Wasser schutzlos ausgeliefert.
Wir wollen daher erreichen, dass in Brandenburg die Agrarlandschaft wieder stärker durch Hecken, Feldgehölze und Feuchtbiotope gegliedert wird. Hierzu können auch die Renaturierung von Fließgewässern und die Anlage moderner Agroforstsysteme einen Beitrag leisten. Agroforstsysteme, bei denen Bäume, Sträucher und Agrarprodukte auf landwirtschaftlichen Nutzflächen gemeinsam angebaut werden, ermöglichen eine ökologisch reich gegliederte Landschaft bei gleichzeitiger nachhaltiger Biomasseproduktion sowie Wasserrückhalt und Verdunstung. Den Aufbau solcher Agroforstsysteme wollen wir mit Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz fördern.
Grünlandumbruch stoppen
Brandenburg steht kurz davor, die von der EU gesetzten Grenzen beim Umbruch von Grünland zu überschreiten. Das Land muss daher dringend handeln, um zu verhindern, dass noch mehr für den Naturschutz wichtiges Grünland verloren geht. Da die höheren Agrarpreise hohe Anreize setzen, auch in Zukunft Grünland umzubrechen, ist der Verlust von Grünland nur durch ein Verbot des Grünlandumbruches zu stoppen. Eine Genehmigungspflicht allein reicht nicht aus. Die Landwirtschaftsämter müssen in die Lage versetzt werden, dem Grünlandumbruch Einhalt zu gebieten. Daneben brauchen wir ein Verbot des Ackerbaus auf Moorböden und auf anmoorigen Böden, unter anderem um den Abbau großer Mengen organischer Bodensubstanz zu Kohlendioxid zu verhindern. Mit einem Förderprogramm wollen wir die Umwandlung von Ackerland in Grünland auf stark humosen Böden unterstützen.
Regional ist erste Wahl
Regional ist erste Wahl. Regionale Produkte werden weniger energieaufwändig produziert und in der Regel frischer angeliefert. Untersuchungen zeigen, dass die Verbraucher auch bereit sind, regionale Produkte zu kaufen. Dies funktioniert aber nur, wenn die Produkte auch dort verkauft werden, wo die Menschen regelmäßig einkaufen, und wenn die Qualität von Ware und Verpackung stimmt. Nur so kann es der heimischen Agrarwirtschaft gelingen, den Absatz ihrer Produkte in Brandenburg und Berlin zu steigern. Wir Bündnisgrüne unterstützen sie dabei, unter anderem indem wir auf die Konsequenzen des Preisdumpings für die Qualität der Lebensmittel aufmerksam machen. Qualität hat ihren Preis. In diesem Sinne wollen wir die Diskussion über mehr Qualitätsbewusstsein weiterführen.
Damit Brandenburg das Potential von mehr als 3,5 Mio. Verbraucherinnen und Verbraucher in Berlin als Absatzmarkt für Brandenburger Agrarprodukte besser als bisher erschließen kann, halten wir es für erforderlich, effiziente Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen für die Erzeuger und Erzeugerinnen aufzubauen und gezielt zu fördern. Ziel unserer Politik ist es, entsprechend dem EU-Recht und den Wünschen der Verbraucherinnen und Verbraucher die Transparenz und Rückverfolgbarkeit der Wege der Lebensmittel vom Acker bis zur Ladentheke konsequent durchzusetzen.
Für ein gentechnikfreies Brandenburg
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben alle Verbraucherinnen und Verbraucher ein Recht auf gesunde Lebensmittel und ein Recht zu wissen, was drin ist. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Wahlfreiheit zwischen gentechnisch veränderten und gentechnikfreien Lebensmitteln für den Verbraucher garantiert werden muss.
Die Koexistenz von gentechnikfreier Landwirtschaft und dem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in der Praxis ist gescheitert. Aus diesem Grund setzen wir uns für eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Brandenburg ein. Bisher ist Brandenburg jedoch Hochburg des Gentechnikanbaus. Gentechnikfreie Produkte brauchen daher die politische Unterstützung der Landesebene. Diese werden wir einfordern.
Die freiwilligen Zusammenschlüsse von landwirtschaftlichen Betrieben in Brandenburg zu gentechnikfreien Regionen wollen für Verarbeitungs- und Handelsunternehmen sicherstellen, dass sie gentechnikfreie Produkte erhalten, um so den Wünschen von mehr als 70% der Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechen zu können. Das Land soll sie daher in Zukunft ideell und finanziell unterstützen.
Auch Tiere haben ein Recht auf Lebensqualität
Tiere haben Rechte – an diesem Grundsatz richtet sich die Politik von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus. Der Schutz der Tiere ist für uns ein zentrales politisches und gesellschaftliches Anliegen. Auf der Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass das Tierschutzgesetz nach der im Jahr 2002 erfolgten Einfügung der Staatszielbestimmung Tierschutz im Artikel 20 a des Grundgesetzes gründlich überarbeitet wird und dass anerkannte Tierschutzorganisationen endlich ein Klagerecht erhalten wie es die anerkannten Naturschutzverbände schon lange haben.
Die für den Vollzug des Tierschutzes zuständigen Veterinärämter wollen wir stärken. Wir werden eine Katzenschutzverordnung anstreben, die die Sterilisation von Freigängern vorschreibt und die Kostenübernahme für herrenlose Katzen durch die Kommunen regelt. Für zoologische Gärten, Tierschauen und Tiergehege müssen neue Haltungsrichtlinien erarbeitet werden, die den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Wir wollen einen Landestierschutzbeauftragten als juristisch unabhängige Behörde mit uneingeschränkten Betretungsrechten und Zugang zu allen Informationsquellen einsetzen.
In der Agrarpolitik setzen wir Bündnisgrüne uns für die artgerechte Haltung von Nutztieren ein. Die Errichtung von überdimensionierten Massentierhaltungsanlagen wie in Haßleben (Uckermark), die mit riesigen Futter- und Gülletransporten, aber auch mit enormen Emissionen verbunden sind, wollen wir verhindern. Es widerspricht unserer Auffassung von regionalen Wirtschaftskreisläufen, dass Brandenburg mit solchen Anlagen zum Schweinefleischexporteur wird, während mit den dafür erforderlichen Futtermittel-Importen zugleich immer mehr Naturlandschaften in Entwicklungsländern zerstört werden.
Das Land Brandenburg kann viel tun, um eine artgerechte Tierhaltung durchzusetzen. So müssen die vom Land ausgestalteten Agrarförderprogramme darauf hin überprüft werden, ob sie diesem Ziel gerecht werden. Durch die Ausgestaltung des Landesimmissionsschutzrechtes, des Baurechtes und der Förderbedingungen bei der Agrarinvestitionsförderung kann das Land wesentlich bestimmen, wie Tiere in Brandenburg gehalten werden. Auch durch schärfere Kontrollen der Transportzeiten kann das Land für mehr Tierschutz sorgen. Wir treten für eine strenge Tierschutzgesetzgebung nach Schweizer Muster ein.
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